Bären-Gebrumm und Spatzen-Tschilpen

von Redaktion

Festspiele Erl Mit einer Matinee endet die dreiteilige Reihe der Erntedank-Konzerte

Erl – Die Klassik prägte die heurigen Erntedank-Konzerte der Tiroler Festspiele Erl, so auch die Schluss-Matinee. „Der Bär ist los“ titelte das Programmheft launisch, weil die Haydn-Sinfonie Nr. 82 das Programm anführte, die später mit dem Titel „L’Ours – Der Bär“ versehen wurde, weil Celli und Kontrabässe im Finale immer wieder das tiefe C anschleifen, es mit dem Brummen des Borduns (das ist: ein ständig mitklingender tiefer Ton wie bei einem Dudelsack) insgesamt da zu einer ausgelassenen Jahrmarkts-Musik kommt und der kenntnisreiche Programmheftautor dazu schelmisch meint: „Welchem Tanzbären würde das nicht in die Beine gehen?“

So opulent besetzt wie bei der Uraufführung in Paris 1807 war das Festspielorchester nicht, immerhin standen Haydn damals zehn Kontrabässe zur Verfügung, aber groß war die Besetzung immer noch. Trotzdem verstand es Erik Nielsen, der Chefdirigent der Tiroler Festspiele, die subtile Feinheit der Instrumentation und viele Details hervorzuheben, so kleine versteckte Synkopen oder Geigenvorschläge, die sich wie das Tschilpen von Spatzen anhörten. Überhaupt hatte Nielsen eine so vielfältige und klare Gestik, dass man an seinen Händen fast die Partitur lesen konnte. Heiter-duftig war der Gesamtklang des Orchesters, im Menuett konterkarierten die herrlich aufspielenden Holzbläser immer wieder mit fast ironisch anmutenden Einwürfen die Klangmächtigkeit der Trompeten und Pauken und vergnügt schnurrte das Finale mit dem Bordun-Bären-Gebrumm dahin.

Auch in der 8. Symphonie von Beethoven – die in ihrer Kürze einer Haydn-Sinfonie entspricht – achtete Nielsen darauf, das Ineinandergreifen der einzelnen Motivwendungen mittels Verteilung auf die Instrumentengruppen hörbar zu machen. Aufgelichtet und rhythmisch gespannt war der Gesamtklang, das wie irrwitzig dahineilende Finale flirrte vor Lebendigkeit – nur das Menuett war vielleicht etwas zu breit geraten, zu wenig spritzig und zu wenig von der Grazie zeigend, die das Programmheft versprach. Dafür begeisterte das Trio darin mit der Mischung von wunderbaren Horn- und Klarinettenklängen.

Glücklich darf sich ein Orchester schätzen, das vier solche Solisten hat, wie es sie für Mozarts Sinfonia concertante in Es-Dur KV 297b braucht: Hervorragend aufeinander eingespielt und sehr gut in den Orchesterklang eingebunden waren da Alejandro Tello Zamudio (Oboe), Karin Mischl (Klarinette), Giuseppe Monopoli (Fagott) und Gabriel Cupsinar (Horn). Lebendig sprudelnd und samtig-weich, manchmal wie heiter aufjuchzend oder tanzbodenlustig und im Adagio mit seinen mozart-typischen elegischen Molleintrübungen schön kantabel spielten alle vier, besonders apart war die Klangkombination Fagott und Horn. Alles in allem war es eine passende sonnige Sonntagvormittagsmusik und ein beglückendes Ende der diesjährigen Erntedank-Konzerte.

RAINER W. JANKA

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