Erl – Beethoven zieht immer: Das Festspielhaus in Erl war voll am zweiten der Erntedank-Konzerte. Es gab Beethoven pur, nämlich das Violinkonzert und die vierte Symphonie.
Diese setzte der junge charismatische Dirigent Elias Grandy mit großen anfeuernden Gesten, Podiums-Tänzchen und Aufstampfen gehörig unter Strom und wertete so die sonst eher selten gespielte Symphonie auf. Elektrisierend waren auch die Tempi, so dass alles sehr feurig, explosiv, manchmal aber auch ein bisschen knallig wurde. Dafür herrschte im Adagio sehr große Ruhe – bis sich im darauffolgenden Satz die heitergrimmige Synkopik wieder Bahn brach und der Schlusssatz in rasendem Tempo dahinwirbelte, dabei in der Satzbezeichnung („Allegro ma non troppo“) das „non troppo“ – auf Deutsch: nicht sehr – großzügig vernachlässigte, so dass das Allegro zum Presto wurde, zu einem wahren Sturmlauf. Dem Feuerkopf Beethoven hätte es wahrscheinlich gefallen.
Ein Strom anderer Art durchfloss das Violinkonzert: ein Lebensstrom. Auch hier dirigierte Elias Grandy mit herrscherlicher Grandezza und raumgreifender Gestik. Doch als nach dem feinen Pochen der Pauke sich die Solistin Sophia Jaffé einschaltete, übernahm sie sofort die Führung: Ihr voller, lebenspraller, heißblütiger und blühender Geigenklang füllte mühelos das Festspielhaus, in allen Lagen spielte sie blitzsauber, die Triller kamen lupenrein.
Elastisch dehnte und spannte sich ihr Körper, wenn es in die höheren Lagen ging, ein Lächeln zog über ihr Gesicht, wenn ihr Geigenton sich zu voller Süße entfaltete. Intensität und souveräne Ruhe prägten das Larghetto, in dem das Orchester ein ganz feines Pianissimo beisteuerte, ausgelassen fröhlich wurde sie im Final-Rondo: Lebensfreude war ihr Interpretations-Motto.
Jaffé wählte bewusst erweiterte Kadenzen, die von Wolfgang Schneiderhan bearbeitet waren oder – wie am Schluss – ganz von Fritz Kreisler stammten. Die bot sie hochspannend im Duett mit der Pauke, mit virtuosem Feuer und temperamentvoll-tänzerisch, die geigerischen Schwierigkeiten geradezu genießend.
Den sofort losbrechenden Applausjubel des Publikums beantwortete sie mit dem Largo aus Bachs 3. Violinsonate: sehr lebendig und elektrisierend ruhig zugleich. Rainer W. Janka