Eine „Durch-Nacht-zum-Licht-Musik“

von Redaktion

Chorkreis St. Quirinus singt Mendelssohn Bartholdys „Lobgesang“

Rosenheim – Michael Gartner (50), Orgelbauer und Musiker und Leiter des Chorkreises St. Quirinus Rosenheim-Fürstätt, hat immer schon groß gedacht: Im Juni hat er mit über 25 Chören und 600 Sängerinnen und Sängern das Chorfest „Rosenheim singt“ organisiert, Konzerte rund um das Thema „Licht“ veranstaltet und auch schon einmal das Musical „Jesus Christ Superstar“ inszeniert und dirigiert. Sein neues Vorhaben: Mit dem Chorkreis St. Quirinus und dem Orchester Capella München (Leitung: Johannes Berger) wird er am Sonntag, 22. Oktober, um 19 Uhr in der Rosenheimer Christkönigkirche die zweite Sinfonie von Felix Mendelssohn Bartholdy aufführen, betitelt mit „Lobgesang“. Im Gespräch erklärt er, warum und mit wem er dies aufführt und was ihm besonders an diesem „Lobgesang“ gefällt. Weil wir uns schon lange kennen, haben wir uns auf das vertrauliche „Du“ geeinigt.

Lieber Michael, warum muss es gerade Mendelssohns „Lobgesang“ sein?

Ich habe mir schon vor circa 20 Jahren die Partitur besorgt und wollte es damals aufführen – gut, dass ich’s nicht getan habe! Denn das Werk hat eine wahnsinnige Tiefe, der ich damals nicht gewachsen gewesen wäre. Seitdem ist die Partitur auf meinem Schreibtisch immer von links nach rechts gewandert. Jetzt hatte ich das Gefühl: Es ist der richtige Zeitpunkt. Es ist ein unfassbar berührendes Werk, und was mich am meisten beeindruckt, ist diese dramaturgisch spannende Stelle, wo der Hüter der Nacht gefragt wird: „Hüter, ist die Nacht bald hin?“

Was der Solo-Tenor singt.

Ja, und der Hüter schickt ihn dreimal zurück und gibt sich gleichzeitig als Erzähler selber die Antwort: Wenn du fragst, wirst du auch wiederkommen und noch mal fragen. Das ist die Schlüsselstelle für mich. Das ist – am tiefsten Punkt der Nacht – die Beharrlichkeit, die man braucht, um das Leid zu durchdringen. Danach singt der Solo-Sopran ganz licht: „Die Nacht ist vergangen“. Der Tag bricht an und dann bricht ein unfassbar opulenter Orchester- und Chorklang herein.

Gleichsam eine „Durch-Nacht-zum-Licht-Musik“? Und auch eine Musik, die Trost verspricht?

Auf jeden Fall. Der erste Berührungspunkt war: Es ist nur ein großes Lob. Aber die Musik ist vielschichtiger. Der Lobpreis basiert auf einer absolut tiefen Erfahrung des Getragenwerdens und einer Leiddurchdringung: Du kannst die Nacht durchstehen! Das ist unfassbar schön.

Wird die ganze Symphonie aufgeführt oder nur der Kantaten-Teil?

Wir führen das ganze Werk auf. Es besteht aus zwei Teilen, der erste Teil ist eine auskomponierte Symphonie, dafür braucht man ein sehr großes und sehr gutes Orchester. Da haben wir mit der Capella München und Johannes Berger einen super Partner gefunden.

Wie ist der Kontakt zustande gekommen?

Wir kennen uns schon aus der Jugendzeit. Immer wieder spielt Johannes mit seinem Barockorchester Concerto München bei uns. In diesem Fall bringt er die Capella München mit, die auf modernen Instrumenten spielt. Er selber wird aber auch als Organist auftreten mit der Orgelsonate A-Dur von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Warum hast du die Christkönigkirche als Konzertsaal gewählt?

Sie ist der geeignete Raum, einmal in praktischer Hinsicht: Wir haben viele Mitwirkende, dafür brauchen wir Raum. Und wir brauchen auch Raum für den Klang: Der ist sehr opulent, hat teilweise wagnerische Züge, geht aber auch wieder zurück in Pianissimo-Klänge, es ist eine große Bandbreite. Das geht in Rosenheim eigentlich nur in Christkönig.

Es sind auch Gesangssolisten dabei.

Emily Jung ist eine junge Sopran-Solistin, die derzeit in Salzburg studiert. Sie hat die Kraft und Raumfülle, die es braucht, aber auch einen sehr milden Sopran. Und sie harmoniert sehr mit dem Sopran von Anahita Ahsef, der eine sehr helle und lichte Klangfarbe hat. Da gibt’s schöne Duette mit den beiden, da freue ich mich schon darauf. Und dann ist der Tenor Herbert Gruber dabei, dessen Stimme für die Romantik wie gemacht ist.

Wird der Chorkreis St. Quirinus für die Aufführung verstärkt sein?

Ja, es haben sich viele Projektsänger angeschlossen, die dieses Werk schon mal gesungen haben und von ihm ebenfalls begeistert sind.

Es ist ja eine wirklich große Symphonie: Ist es dir nicht als Dirigent ein bisschen bange?

Eine gute Anspannung spüre ich – und ich bin jetzt froh, dass ich es nicht als Jugendlicher gemacht habe (lacht). Aber es überwiegt die Vorfreude. Und wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir mit großen Klängen gut umgehen können.

Wo gibt es Karten für das Konzert?

Wegen der Akustik sollte man sich jetzt schon die besten Karten sichern! Es gibt sie unter www.tickets.chorkreis.net sowie an der Abendkasse.

Interview: Rainer W. Janka

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