Riedering – Der aus Prien stammende Bariton Thomas Schütz veranstaltet mit seiner Reihe „Nightingale“ zahlreiche Konzerte an ungewöhnlichen Orten in der Region. Das nächste ist ein Liederabend am Freitag, 13. Oktober, um 18 Uhr im Großen Saal beim „Hirzinger“ in Söllhuben: Die belgische Sängerin Sheva Tehoval wird, begleitet von Juliette Sabbah aus London am Klavier, Lieder von Robert Schumann, Hugo Wolf und von Claude Debussy singen. In einem Interview erklären Thomas Schütz und Sheva Tehoval, warum sie genau diese Lieder ausgewählt haben und was an einem Liederabend so schön ist.
Herr Schütz, woher kennen Sie die Sängerin Sheva Tehoval?
Thomas Schütz: Ich habe sie an der Kölner Musikhochschule kennengelernt: Wir haben beide bei Christoph Prégardien studiert, Sheva Tehoval nach mir. Sie ist mir damals schon aufgefallen als enorm talentierte Sängerin mit einer großen Musizierfreude und großem Farbenreichtum in ihrer Stimme: eine ideale Voraussetzung, um Lieder charakteristisch zu gestalten und mit einer eigenen persönlichen Note zu versehen. Und – was für mich am wichtigsten ist – sie ist eine ausgeprägte Künstlerpersönlichkeit!
Liederabende haben – bedauerlicherweise – relativ wenige Zuhörer.
Schütz: Ich kann bestätigen, dass der Liedgesang sich schwerertut als beispielsweise die Kammermusik. Aber Liederabende mit den Großen unserer Zunft sind immer sehr gut besucht. Wir möchten aber auch einer Nachwuchsgeneration ein Podium geben. Deswegen ist es wichtig, nicht nur große Künstler zu engagieren, sondern auch Nachwuchssängern Auftritte zu ermöglichen.
Halten Sie den Saal beim „Hirzinger“ für einen guten Konzertsaal?
Schütz: Ich halte den Saal für hervorragend für Liedgesang, weil er zum einen sehr unmittelbare Konzertverhältnisse zulässt: Das Publikum ist sehr nahe an den Künstlern dran. Darüber hinaus ist der Saal akustisch vermessen. Lorenz Hilger, der Besitzer, hat beim Umbau einen Akustiker engagiert.
Sie sind ja seit Neuestem Leiter der International Opera Academy Gent: Was ist da Ihre Aufgabe?
Schütz: Ich bin dort als Artistic/Pedagogical-Manager tätig. Meine Aufgabe ist die Aufstellung des Lehrplans, Bestellung des Lehrpersonals und Sponsoring, und vor allem, junge Sänger und Sängerinnen auf eine erfüllte und nachhaltige Zukunft auf der Bühne vorzubereiten.
Frau Tehoval, nach welchen Gesichtspunkten haben Sie Ihr Liedprogramm ausgewählt?
Sheva Tehoval: Ich mische am liebsten französische und deutsche Lieder, weil Französisch meine Muttersprache ist. Auf Deutsch habe ich gelernt, wie man Texte singen soll. Ich konnte kein Deutsch, als ich nach Deutschland kam, ich habe durchs Lied Deutsch gelernt.
Das ist eine schöne Art, Deutsch zu lernen.
Tehoval: Ja, ich habe Deutsch durch Lieder von Schubert, Schumann und deren Dichter gelernt. Dadurch fand ich Deutsch wunderschön. Die vier „Proses lyriques“ von Debussy sind vier große und lange Lieder mit komplexer Thematik. Ich fand schon immer, dass Debussy und Hugo Wolf schön zusammenpassen: Sie sind ja Zeitgenossen. Dann haben wir einen Kontrast dazu gesucht: Schumanns Lieder sind viel kürzer, viel schlanker und viel durchsichtiger.
Wie wichtig ist Ihnen der Text, den Sie singen?
Tehoval: Er ist genauso wichtig wie die Musik. Es gibt den Text und dann die Musik – bei Debussy nicht, der hat den Text zu seinen Liedern selbst geschrieben. Ich habe in Deutschland und dann in London gelernt, zuerst den Text sprechend zu erarbeiten, danach erst die Melodie zu singen. Erst kommt also die Intention des Sprechens.
Sie müssen also erst die Texte und deren sprachliche Bilder für sich verstehen.
Tehoval: Ja, das ist eine sehr spezifische Arbeit, die nur bei Liedern wichtig ist. Bei Opern ist es ganz anders. Im Lied ist Poesie und Poesie ist eine Kunst, die mir nahe am Herzen liegt.
Sie treten in vielen Ländern auf: Lieben deutsche Zuhörer die Liederabende mehr?
Tehoval: Ja – das deutsche Publikum hat ein ganz aufmerksames Ohr für französische Melodie, mehr als in Frankreich! In Frankreich geht man mehr zur Unterhaltung ins Konzert, in Deutschland eher zum intellektuellen Genuss.
Hat Ihnen Thomas Schütz erzählt, wie der Saal ausschaut?
Tehoval: (lacht herzlich) Überhaupt nicht, ich weiß überhaupt nicht, wo ich singe! Aber wir freuen uns sehr.