Schöne Fugen und erfrischender Charakter

von Redaktion

„Concenti musicali“ präsentieren unbekannte Werke womöglich von Abraham Megerle

Attel – Unermüdlich wühlt Peter Adler in Archiven von Klöstern und Domen nach Werken, die von Abraham Megerle (1607 bis 1680) sein könnten, dem Salzburger Domkapellmeister, der aus Wasserburg stammt. Dessen Werke wurden vielfach abgeschrieben und weit verteilt, auch ohne Namensnennung des Komponisten. Adlers neueste Ausgrabung ist die Missa in B à 6 für vier Stimmen, zwei Violinen, Violone und Orgel und auch drei Posaunen. Über der Partitur steht: „del Signore Anonymo“ – aber Peter Adler schreibt im Programmheft: „Die Musik zeigt es, es ist der Wasserburger. Ich kann sie nur dem Salzburger Domkapellmeister Abraham Megerle zuschreiben.“ In der ehemaligen Klosterkirche St. Michael in Attel präsentieren unter Adlers Leitung der Madrigalchor Edling/Wasserburg und die stilsicheren Instrumentalisten „Concenti musicali“ diese bisher unbekannte Musik.

Ob wirklich Megerle oder nicht – auf jeden Fall ist es höchst qualitätvolle Barockmusik, der Dommusik in Salzburg wohl angemessen. Sie habe „schöne Fugen und einen erfrischenden Charakter“, meint Adler. Dem kann man nur zustimmen: Bewegte Soli und eine gewichtige Schlussfuge prägen schon das „Kyrie“, schwungvoll beginnt das „Gloria“, schmerzlich mit dissonanzreichen Harmonien erklingt das „Qui tollis“, sonniger wird’s beim Sopransolo des „Quoniam tu solus sanctus“, von Mirjam Striegel mit unbeschwert lichtem Sopran angestimmt. Das „Credo“ eilt schnell zum „Et incarnatus“ hin, der Menschwerdung Gottes, die in feierliche Akkorde gekleidet ist. Kurz, aber mit lebendigen Violinfiguren verziert, ist das „Sanctus“, melismatisch ausgeziert das Bass-Solo im „Benedictus“, von Michael Mantaj prachtvoll gesungen. Alle Glaubensgeheimnisse beziehungsweise -bekenntnisse deutet der Komponist mit musikalischen Mitteln anschaulich, beziehungsweise „anhörlich“, aus. Der Madrigalchor Edling/Wasserburg singt wacker und zugleich locker, könnte sich aber durchaus noch entflammter für Megerle einsetzen, sodass die sichtbare Freude, die die Sänger haben, sich auch akustisch deutlicher niederschlägt.

Damit diese Messe nicht alleine steht, umgab Adler sie mit anderen geistlichen Musikstücken, die Megerle zugeschrieben werden oder von Heinrich Ignaz Franz Biber stammen. Von Biber ist der reizvolle Hymnus „Salve pretiosum“ sowie ein ebenso reizvolles „Regina coeli“ für Bass-Solo und Chor. Noch reizvoller sind die beiden Vielleicht-Megerle-Werke: Ein sehr vollmundiger Wechselgesang von Chor und Solisten mit einem sich machtvoll aufbauenden „Amen“ ist das sechsstimmige „Miserere“, in dem der sehr helle Tenor von Tato Takagi ganz feurig wird und die drei Posaunen alles mit einem feierlich-warmen Klang umhüllen. Unauffälliger mischt Markus Forster seinen Altus mit drein. Geradezu virtuos handhabt Wolfgang Diem seine Altposaune in einer Sonata à 3 von Abraham Megerle.

Außerordentlich schön ist das achtstimmige „Salve Regina“ mit dem dauerbewegten Chor und einem bestrickenden Duett des Solosoprans mit der dauerpunktierenden Solovioline, bestrickend deswegen, weil Mirjam Striegel ihre Stimme so instrumental führt, dass sie sich klanglich an die Violine angleicht. Sehr arios wird’s dann im Schlussteil, wenn „O clemens, o pia, o dulcis virgo Maria“ angestimmt wird: „O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria!“ So mild und süß ist auch diese Musik – vielleicht von Abraham Megerle.

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