„Der Anfang aller Erkenntnis ist das Staunen“

von Redaktion

Heidi Schmidinger zeigt fotografische Arbeiten aus vier Jahrzehnten im Museum Wasserburg

Wasserburg – Fotokunst von Heidi Schmidinger steht derzeit in der Sonderausstellung „Staunen“ im Museum Wasserburg im Mittelpunkt. Dort zeigt die Grafikdesignerin und Fotografin noch bis 6. Januar Arbeiten aus vier Jahrzehnten ihres Schaffen.

„Der Anfang aller Erkenntnis ist das Staunen“, heißt es in einer Weisheit, die dem griechischen Philosophen Platon zugeschrieben wird. Heidi Schmidinger hat sich den bekannten Sinnspruch als Titel für ihre Retrospektive ausgesucht. Und in der Tat, beim Besuch der umfangreichen Werkschau kommt man aus dem Staunen kaum heraus. Die studierte Grafikdesignerin zeigt, dass Fotografie wesentlich mehr sein kann als ein bloßes Abbild der Realität.

Heidi Schmidinger lässt in ihren Arbeiten die Trennlinie zwischen Dokumentation, Malerei, Grafik und Collage verschwinden; diese scheint sich förmlich aufzulösen. Bei ihr werden Fotografien zu Gemälden in der Transformation von der Gegenständlichkeit hin zur Abstraktion.

Neben dem ästhetischen Anspruch steht die Retrospektive „Staunen“ aber auch für Entwicklungen und Fortschritte, welche die Fotografie als Kunstform in den letzten vier Jahrzehnten durchschritten hat. „Eine Geschichte des Alterns“ beschreibt in fünf Bildern aus analoger Zeit mit einer stimmungsvollen Symbolik den Alterungsprozess des Menschen.

Es ist eine Reise ins Ungewisse, an deren Ende oft Gebrechlichkeit und Niedergang stehen. Die Arbeiten „Weltall I und II“, hochwertige Fine-Art-Prints auf Aluminiumverbundplatten, lenken wiederum die Gedankenwelt ins Universum. Dort können die Besucher der Ausstellung ihren Blick in die Unendlichkeit der Sternennebel ferner Galaxien richten.

Mit Langzeit-Belichtungen erforscht Heidi Schmidingers die Dreidimensionalität des fotografisch festgehaltenen Moments. So zeigt das Triptychon „Bindung-Wandlung-Lösung“, ebenfalls ein Fine-Art-Print, die Dynamik eines Tanzes und setzt sie in Bezug zur Körperlichkeit von Blüten und Pflanzen. „Garafía“ hingegen entstand aus der Aufnahme einer Baumwurzel, die von der Künstlerin in Garafía, einer Gemeinde auf der Kanareninsel La Palma, entdeckt wurde.

Die überblendete Fotografie steht für die Komplexität in der Natur, der entwurzelte Baum als ehemals mit seiner Umgebung eng vernetztes Lebewesen.

Bevor sich Heidi Schmidinger ganz der Fotografie verschrieb, studierte sie an der Münchner Kunstakademie Grafik-Design. Diese Vorerfahrung ist auch in fast allen Arbeiten präsent. Sie nutzt das Medium der Fotografie, um zu „malen“. Bilder werden zu Metaphern und Metaphern wiederum zu Bildern. Bemerkenswert ist aber auch, dass Heidi Schmidingers ihre Motive nicht an den populären Sehnsuchtsorten dieser Welt, sondern eher in deren Hinterhöfen und im Verborgenem findet. Ihre Arbeiten zeigen, dass auch in der Fotografie eine Metaebene besteht.

Die Ausstellung „Staunen“ setzt einen gelungenen Bezug zu einer Reflexion über die Fotografie selbst und zur Betrachtung der Fotografie als Kunstwerk. Fotografie wird so zum Medium zur Kommunikation und unterstreicht deren kulturelle, soziale und historischen Bedeutung.Wolfgang Janeczka

Begleitprogramm

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