„Mozarts Sonaten sind Opern ohne Worte“

von Redaktion

Der Pianist Herbert Schuch spielt Mozart und präsentiert eine neue CD

Rosenheim/Neubeuern – Der aus Rosenheim stammende und weltweit konzertierende Pianist Herbert Schuch wird am Samstag, 28. Oktober, um 20 Uhr in der von ihm verantworteten Reihe der Konzerte Schloss Neubeuern einen Abend mit lauter Mozart-Sonaten geben. Das ist der Beginn einer Serie von drei Konzerten: Die anderen Sonaten wird er am 28. März 2024 im Kurhaus Bad Aibling und am 8. Mai 2024 in der Villa Sawallisch in Grassau spielen. Außerdem erscheint in Kürze seine 20. CD, auf der er das Klavierkonzert Nr. 1 von Beethoven mit dem von Erwin Schulhoff (1894 bis 1942) kombiniert. Dieser deutsch-tschechische Pianist und Komponist, der elendiglich in einem Nazi-Lager starb, hat für vier der Beethoven-Klavierkonzerte eine Kadenz und unter anderem auch das Konzert für Klavier und kleines Orchester op. 43 komponiert – wobei „kleines Orchester“ eine ziemliche Untertreibung ist. Im Interview erzählt Herbert Schuch, bevor er zu einem Konzert nach Bielefeld aufbricht, was ihn an den Klaviersonaten und an dieser Kombination von Beethoven und Schulhoff reizt.

Herr Schuch, heuer beginnen Sie bei den Neubeurer Schlosskonzerten eine Reihe mit allen Klaviersonaten von Mozart.

Ich bin gespannt, weil die Mozart-Sonaten ja sonst nur am Anfang eines Programms stehen und dann wieder vorbei sind, bis das Publikum eigentlich im Konzert angekommen ist.

Was reizt Sie an diesen Sonaten?

Das sind alles vollgültige großartige Werke. Die ersten Sonaten, die Mozart im Alter von 18 Jahren geschrieben hat, sind unglaublich schwer. Da war er schon im Vollbesitz sämtlicher Kniffe und technischer Tricks. Manche sind sehr leicht, manche viel zu schwer für das, was am Ende an Effekten beim Publikum ankommt. Ich finde, dass alles, was Mozart komponiert hat, eigentlich Opernmusik ist. Ich muss mir immer überlegen: Was passiert jetzt gerade auf dieser imaginären Opernbühne? Wie muss ich mich als Regisseur verhalten, wie zeichne ich die Charaktere? Es kommt damit auch eine ganz andere Form von Freiheit ins Spiel, die gar nichts mit diesem gepuderten Mozart zu tun hat, der noch ab und zu in den Köpfen herumschwirrt: Es sind Opern ohne Worte!

Sie gehen dabei nicht chronologisch vor.

Ich mische das bunt durch, ich versuche, dass an jedem Abend bekannte Sonaten dabei sind. Es ist eine Mischung aus frühen und späten Werken, sodass man an jedem Abend in den Kosmos dieser Entwicklung und Verschiedenartigkeit eintauchen kann. Ungern würde ich die Sonaten chronologisch spielen – das wäre mir zu wenig Abwechslung.

Warum enden Sie beim ersten Abend mit der so tragischen a-Moll-Sonate, einer der wenigen Sonaten in Moll von Mozart? Das ist eine der ganz großen und bedeutenden Sonaten. Ich hatte das Gefühl, es wäre gut, wenn die als Kulminationspunkt am Schluss steht. Vorher spiele ich eine ganz frühe Sonate, die in F-Dur KV 280, das ist die einzige Sonate, die einen Mittelsatz in Moll hat. Dies gegenüberzustellen fand ich spannend.

Wie zufrieden sind sie mit dem bisherigen Verlauf der Konzerte Schloss Neubeuern?

(Ganz entschieden:) Ich bin sehr zufrieden! Ich bin sehr froh, dass das Publikum sehr treu kommt, dass aber auch neues Publikum kommt.

Was hat Sie bewogen, Musik von Beethoven mit der von Erwin Schulhoff auf einer CD zu kombinieren?

Die Musik von Beethoven hat immer eine große Anziehungskraft auf Komponisten ausgeübt. Als Schulhoff sich mit seinem eigenen Klavierkonzert beschäftigt hat, hat er vier der Beethoven-Konzerte mit einer eigenen Kadenz beschenkt. Er war ja selber ein sehr gefragter und unglaublich guter Pianist. Sein Klavierkonzert nimmt viele Strömungen der 20er-Jahre samt Jazz-Anklängen auf, es ist ein typisches Kind der 20er-Jahre.

Wie haben Sie ihn „entdeckt“?

Damals an der Musikhochschule hat einer immer wieder über Schulhoff geredet, dass der so tolle Jazz-Sachen komponiert habe. Vor zehn Jahren hatte ich ja das Klavierkonzert von Viktor Ullmann aufgenommen, einem Zeitgenossen von Schulhoff. Dabei bin ich etwas aufmerksamer auf Schulhoff geworden. Dann habe ich gemerkt: Das ist genau vor 100 Jahren komponiert worden.

Sie haben eine Vorliebe für die Konfrontation, ja bisweilen Vermischung von Werken verschiedener Komponisten.

Ich verbuche mir, diese Offenheit im Kopf zu behalten. Ich bin schon immer auf der Suche nach Besonderem, nach einer besonderen Verknüpfung.

Herr Schuch, dann freuen wir uns erstmal auf Ihre Mozart-Sonaten.

Ich freue mich auch schon.INTERVIEW: RAINER W. JANKA

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