Rosenheim – Es ist wie in einem echten Märchen: Der jüngste, hier der faulste, Bruder bekommt am Ende die Prinzessin und wird König. Otfried Preußler hat in seinem Märchen „Der starke Wanja“ eine Lanze gebrochen für den Müßiggänger Wanja, der sich nicht vom kollektiven Arbeitstempo seiner Familie anstecken lässt, sondern lieber faulenzt und haufenweise Pfannkuchen isst.
Sieben Jahre auf
dem Ofen liegen
Doch eines Tages verkündet ihm ein blinder Greis, dass er die Zarenprinzessin heiraten und der neue Zar werden wird – wenn er nur sieben Jahre lang auf dem Ofen liegt und Sonnenblumenkerne isst und damit so stark wird, dass er die Abenteuer auf dem Weg zum Zarenschloss bestehen kann. „Ein König schlummert in dir!“, verkündet ihm der blinde Greis. Ein König kann also in jedem Menschen schlummern, wenn er nur seiner Bestimmung folgt.
Die Rosenheimer „Theaterinsel“ hat dieses Märchen inszeniert, für Kinder, aber auch für wissende Erwachsene. Die Regisseurin Franziska Reuter hat Wanja einen reisenden Barden mitgegeben, der ihn singend begleitet, ihm hilft, der aber auch den Zuschauern berichtet, was nicht gezeigt wird. Susi Hirl macht dies allerliebst mit Schwert und Ukulele. Regina Moser als Wanja stattet ihre Figur mit aller Naivität, herzhaftem Mut und märchenhaftem Selbstbewusstsein aus.
Fantasiereich und bildkräftig werden Wanjas Abenteuer geschildert: Den grausamen grünen Och (Justus Dallmer in grünem Gewandgewirr) besiegt Wanja ebenso wie im wilden Bühnenlichtgewitter die böse Hexe Baba Jaga (schön hexig: Marie Elliot Gartner) und den bösen Ritter Batur, was aber nur vom Barden erzählt wird. Der steinerne Ritter präsentiert erst seine Fechtkunst (eindrucksvoll: Sven Rammelt), bis er Wanja eine Rüstung schenkt. Überhaupt gibt es viel Fechtgefuchtel und Schwertkämpfe.
Die Rückwand der Bühne ziert ein Gemälde mit den weißen Bergen, die das Ziel von Wanjas Reise sind, die Bühne selbst wird dominiert von weit ausladenden Bäumen, auf ein Fingerschnipsen erscheint ein fernes Schloss – das Wanja aber nicht ansteuern darf, die Münze seiner verstorbenen Mutter weist ihm nämlich den Weg. Mit Hilfe des Schwertes, der Rüstung und dem Pferd, das er von Baba Jaga erbeutet, erreicht Wanja die Zarenstadt. Das Pferd ist ein süßes Riesenplüschpferd, das Wanja trägt.
Zahlreiche
Anspielungen
Alles wird mild-ironisch und mit zahlreichen modernen Anspielungen erzählt: Man ist bestens unterhalten. Am Ende überreicht der alte Zar, der sich als der blinde Greis entpuppt (beides intensiv: Justus Dallmer), Wanja die goldene Zarenkrone und Wanja „darf“ die dauerwütige Zarenprinzessin (armewerfend und aufstampfend: Nikolas Mathias) heiraten. Und wenn sie nicht gestorben sind, leben und regieren sie noch heute.