„Ein ganz anderer Chor“

von Redaktion

INTERVIEW Werner Aß zum Jubiläum des A-cappella-Chors „Die RimSinger“

Rimsting – Sie schrecken bei ihren Auftritten vor nichts zurück, weder vor schwierigen mehrstimmigen Arrangements noch vor schrägen Choreografien oder oftmals grotesken Gags: Seit 22 Jahren begeistern die 18 Sängerinnen und Sänger des A-cappella-Chors „Die RimSinger“ ihr Publikum, und das mit Darbietungen auf hohem Niveau. In zwei ausverkauften Konzerten feiert der Chor an diesem Wochenende im Rimstinger Gemeindesaal sein Jubiläum. Werner Aß hält die muntere Truppe seit Jahren zusammen; wie, erzählt der 62-jährige Gymnasiallehrer im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen.

Wie fühlt sich dieses Pseudo-Jubiläum an – 20 Jahre plus 2?

Eigentlich richtig gut. Wir bezeichnen uns doch im Untertitel als „Der ganz andere Chor“. Weil wir im Grunde genommen alles anders machen als „normale“ Chöre. Wie jetzt unsere Jubiläumsfeier mit Konzerten am 10. und 11.11., dem traditionellen Faschingsauftakt. Und 22 Jahre „RimSinger“ passt wunderbar mit der Schnapszahl dazu. Auch unsere Startzeit: Um 19.19 Uhr geht’s los.

Das heißt, der Chor wird seinen Auftritt am 11.11. faschingsmäßig gestalten?

Natürlich würde es sich anbieten, aber vorab möchte ich nicht zu viel verraten…

Kleinkunst-Schaffende sind in den Corona-Jahren zum Teil hart gebeutelt worden – wie ist es dem „RimSinger“-Chor ergangen?

Die Maßnahmen haben uns schon stark zu schaffen gemacht, denn gemeinsames Singen war so ziemlich das letzte, was freigegeben wurde. Wir haben versucht, über Videokonferenzen Gesangsproben abzuhalten. Das ging aber völlig schief, weil die Laufzeitverzögerungen der Stimmen durchs Internet ein harmonisches Gestalten unmöglich machten. Gemeinsames Lachen war aber möglich – und das war es dann. Wir waren alle gespannt, wie es weitergehen kann mit uns. Die Lösungen kamen von selbst: Das nächste anstehende Geburtstagsständchen haben wir mit entsprechenden Abständen untereinander im Garten des Jubilars dargeboten. Das wiederholte sich. Und so konnten wir auch den musikalischen Kontakt halten. Unser Ziel war immer, weiterzumachen.

Was für einem starken Zusammenhalt spricht. Greift der auch bei Entscheidungen?

Wir versuchen ständig, so etwas wie eine Basis-Demokratie im Chor aufrechtzuerhalten, vor allem mit einer flachen Hierarchie. Als Vorsitzender versuche ich zusammen mit der musikalischen Leiterin Rebecca Landinger, alle Chormitglieder mitzunehmen, wie bei der Programmgestaltung. Aber oftmals erleben wir die Situationen, dass alle froh sind, wenn einer sagt, wo’s lang geht. (Lachend) Ich muss eh bei den Auftritten immer die Ansagen machen…

… die laut Konzertkritiken begeistert vom Publikum aufgenommen werden…

…das war ein schleichender Prozess, die Moderationen zu übernehmen. Anfangs hatte ich mir kurze Notizen auf einen Bierdeckel gemacht. Mittlerweile spreche ich meine vorformulierten Texte mit dem Chor ab und präsentiere sie auf der Bühne wortgenau. Was ich eigentlich so nie wollte – eher cooler bleiben und Spontanes von mir geben, war mein Ziel. (Schmunzelnd) Aber es läuft es eigentlich immer recht gut.

Ist es dem geschuldet, dass Sie Lehrer sind?

Das hilft mir sicherlich. Das Unterrichten im Klassenzimmer mit den Schülern als Publikum hat seine Reize, ist aber eine völlig andere Welt. Die ersten Erfahrungen, frei vor Gruppen zu sprechen, habe ich als Schlossführer auf Herrenchiemsee während meines Studiums gemacht. Da habe ich gelernt, wie man Emotionen der Besucher bewegen und lenken kann.

Was Ihnen bei den RimSinger wohl ständig gelingt. Welcher Auftritt in den 20 Jahren ist besonders im Gedächtnis?

Nach einem Konzert in der ungarischen Gemeinde Sukoro am Velencer See – mit der Rimsting eine Städtepartnerschaft pflegt – hatte uns der Bürgermeister mit weiteren Gästen in sein Haus eingeladen. Aufgrund seines Germanistikstudiums sprach er Deutsch. Es war ein lauer Sommerabend, wir standen im Mondschein auf der Terrasse, mit Blick auf den Velencer See.

In diese Stimmung hinein haben wir „Only You“ von den Flying Pickets gesungen. Dieses Gefühl war unglaublich für mich, nicht nur musikalisch eins der schönsten Momente in meinem Leben.

Gab es nochmal vergleichbare Situationen?

Da reihen sich schon viele ein wie zum Beispiel in den beiden ausverkauften Konzerten im Ballhaus Rosenheim. Wenn beim jeweils letzten Lied unsere Andrea mit ihrem unglaublichen Sopran „Thank You For The Music“ von Abba anstimmt. Wenn du da mittendrin stehst, deine Leute hörst, selbst mitsingst – da hebst du ab…

… und das Publikum schwebt mit. Wie lässt sich ein solch hohes Niveau erreichen?

Das kam nicht über Nacht, bis sich dieser Klangkörper gefunden hatte. Die ersten Jahre waren geprägt vom harten Erarbeiten schwieriger Lieder. Da haben wir uns als Autodidakten halt durch geackert, dennoch hat’s Spaß gemacht. Wir haben Gott sei Dank drei Chormitglieder, die Musik studiert haben. Wie unsere Chorleiterin Rebecca Landinger, die streng darauf achtet, dass wir nicht über Fehler hinweg singen. Und auch Elisabeth Stögmüller und Alexander Mangstl mischen immer wieder mit und lassen uns nichts durchgehen.

„Der ganz andere Chor“ agiert nicht mit hängenden Armen, sondern mit durchdachten Choreografien.

Dafür gab es keinen Masterplan. Die entstehen meistens aus ganz blöden Vorschlägen während der Proben. Wie ein Plattler zum Song „New York New York“…

… oder Werner Aß sitzt auf der Bühne als Sandmann im Nachthemd…

…naja, unsere Mädels brauchten bei „Mister Sandman“ eine Figur zum Ansingen – seitdem sitze ich halt dort so.

Apropos Wünsche: Welchen Wunsch würde sich der Chor gerne erfüllen?

Noch mal eine Chor-Reise, zum Beispiel nach Irland mit einem schönen Auftritt.

Interview: Ulrich Nathen-Berger

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