Bad Aibling – Jazzpreis der Königlich-schwedischen Musikakademie, Zusammenarbeit mit Größen wie Lee Konitz, Albert Mangelsdorff und Dino Saluzzi: Der schwedische Kontrabassist und Komponist Anders Jormin ist ein gefragter Musiker, bei über 80 Tonträgerproduktionen hat er mitgewirkt. Zu den Bad Aiblinger „Saitensprüngen“ kam er mit dem ebenfalls international renommierten Gitarrenzauberer Ferenc Snetberger aus Ungarn, der bereits im Jahr 2011 in der Kurstadt gastierte.
Snetberger ist ein musikalischer Grenzgänger, er pflegt die Tradition der Roma, widmete sich aber auch der südamerikanischen Musik und dem Jazz. Mit Jormin verbindet ihn die im Trio mit Schlagzeuger Joey Baron aufgenommene CD „Titok“ (leider an dem Abend nicht erhältlich), übrigens produziert von Manfred Eicher im namhaften Label ECM. Aus dem Album bestritten die beiden denn auch das Gros des feinen Programms im kleinen Kursaal, leider mit einigen Lücken im Publikum.
Den Auftakt machte „Leolo“, eine warmherzige, sonnige und entspannte Wellness-Komposition von Snetberger, träumerisch und wunderbar. Der „Orange Tango“ folgte, jetzt agierte das Duo mit stärkeren rhythmischen Akzenten, dazu kredenzte Jormin kleinere improvisatorische Ausflüge auf seinen Bass-Saiten und interpretierte sein Instrument kreativ, weit über die Rolle eines „Sidemans“ hinaus. Mit gestrichenen Passagen voller Wehmut und Laumalereien, dazu einem dezenten Melodiespiel Snetbergers und einer dynamischen Steigerung entwickelte sich „Alom“ – das Jazz-Duo ging gut aufeinander ein, wichtig bei den durchweg komplexen Stücken aus der Feder des ungarischen Gitarristen. „Kég Kérék“ – „blaues Rad“, lautete der ungarische Titel des Eingangsstücks nach der Pause, ein wenig spanisch anmutend und mit träumerischem, harmonischem Saitenzauber Snetbergers. Mit „my one and only love“ integrierten die beiden Virtuosen auch einen gefühlvollen Jazz-Standard in ihr Feinkost-Buffet, eingeleitet mit dezentem Gitarrensolo und fortgeführt mit gestrichenen Bass-Passagen. War das Publikum bisher schon recht verzückt mit kräftigem Applaus nach den Stücken, so präsentierte das Duo noch ein wunderbar langes, leider nicht mit Titel angesagtes Stück als Abschluss des Konzerts. Mit erhöhtem Tempo, aufkeimender Dramatik, komplexen Einlassungen und vertrackten Passagen war dies der Höhepunkt eines tollen und unkonventionellen, wenn auch etwas kurzen Duo-Konzerts. Nach einem großen Applaus des konzentrierten wie begeisterten Publikums servierten die Klangkünstler Snetberger und Jormin noch zwei ruhigere Stücke als Zugaben.
Andreas Friedrich