Prien – Ist es gewollt oder Zufall? Blaues Licht auf schwarzem Hintergrund? Passend ist sie schon, diese doch eher kalte Atmosphäre auf der Bühne des Chiemsee-Saals. Denn in den nächsten zwei Stunden geht’s in der durchweg kriminellen Lesung wie angekündigt um Mord, blaue Bohnen und vor allem um schwarzen Humor. Und – um Musik.
„Hattinger und der verschollene Bruder“, hat Thomas Bogenberger seinen vierten Roman betitelt (wir berichteten), der an diesem Abend im Mittelpunkt steht. Ausgerechnet an Heiligabend legt der Krimi-Autor darin seinem Chiemsee-Kommissar in Prien einen Mordfall sozusagen unter den Weihnachtsbaum und verdirbt ihm damit gehörig die Feiertage.
Zwei dunkel gekleidete Männer
„Es werde Licht“, tönt es jetzt von der Bühne. Sekunden später sind im hellen Scheinwerferlicht zwei dunkel gekleidete Männer zu sehen, heftig beklatscht vom Publikum: Thomas Bogenberger mit seiner Gitarre und der Schauspieler und Kabarettist Uli Bauer am Piano. Nach einem fetzigen Rockjazz-Instrumentalstück aus der Feder Bogenbergers dann seine Begrüßung: „Ich hoffe, Sie haben genügend Zeit mitgebracht – das Buch hat 390 Seiten.“
Schon mit seinem Einstieg in die Geschichte macht der Autor deutlich, wohin die Lesereise geht: Mit subtilem Humor in der Stimme und sprachlich perfektem Rollenspiel lässt er die Figuren in ihrem oberbayerischen Lokalkolorit aufleben.
Die in den knapp zwei Stunden präsentierten Romanauszüge sind gezielt ausgesucht: Sie geben inhaltlich gerade soviel her, dass sie beim Publikum Kopfkino erzeugen und das Lebensumfeld des schrulligen Kommissars in Szene setzen. Aber soviel verrät der Teaser auf der Buchrückseite dann doch: „Der Hauptkommissar ermittelt im Todesfall des Unternehmers Herbert Graf. Wie ein Raubmord erscheint es nicht, doch Handy und Laptop des Opfers sind unauffindbar. Mit der Entdeckung der Leiche eines Zeugen wird alles noch komplizierter. Und dann taucht auch noch Hattingers verschollener Bruder Anton auf, den er seit über 20 Jahren nicht gesehen hat und der nun sein Leben durcheinander bringt. Als Anton unter die Verdächtigen gerät, vermischen sich Hattingers Berufs- und Privatleben zu einem nervenaufreibenden Fall.“ Wie kongenial Bauer und Bogenberger zusammenwirken, zeigt sich in den Musikstücken, die den Leseabend zum Teil skurril, dann wieder makaber-amüsant auflockern. Wie bei diesem Zwischenspiel: „Für dich soll’s blaue Bohnen regnen, dir sollen sämtliche Tode begegnen, dein Schicksal möge sich gegen dich wenden, dein schnödes Dasein mit Kugeln beenden.“
Genüsslich zelebriert Thomas Bogenberger seinen Liedtext zum Arrangement des Chanson-Klassikers „Für mich soll’s rote Rosen regnen…“, mit dem die Schauspielerin und Sängerin Hildegard Knef in den späten 1960er-Jahren Riesenerfolge feierte. Einfach ein Erlebnis, wie die beiden Priener Künstler-Urgesteine diese Knef-Adaption präsentieren. Sie kennen sich seit Jugendzeiten, spielten in früheren Jahren gemeinsam in Bands wie „The Fuzz“ und „Dilmun“, dann in eigenen Projekten und mittlerweile in der Priener Rhythm & Bluesband „Blues4Use“. In den 1980er-Jahren waren sie mit dem Münchner Revuekabarett „Blackout“ zehn Jahre in deutschsprachigen Ländern erfolgreich auf Tour.
Davon blitzt in der letzten Zugabe ihr kabarettistisches Talent nochmals für einen kurzen Moment heftig auf: beim Stoipara-Jodler.
Uli Bauer weist zunächst im Duktus eines Nachrichtensprechers darauf hin, dass die Bergwachten in den vergangenen Jahren vermehrt ältere Ehepaare aus Bergnot retten mussten. Nicht immer seien sie geschlossen zurückgekommen.
Mords-mäßiger Applaus
Dann kündigt er den Mords-Jodler an, den er mit Thomas Bogenberger authentisch bairisch intoniert. Untypisch für einen Jodler sind allerdings am Ende diese gesungenen Schlussworte – begleitet von einer schubsenden Handbewegung: „Stoipara, stoipara – oooooh.“ Damit ging ein mords-amüsanter Abend unter mords-mäßigem Applaus zu Ende – die rund 150 Krimi-Fans waren völlig begeistert.