Ein nervenzerreißendes Kammerspiel

von Redaktion

„Richard 3“ von Mario Eik feiert Premiere im Theater Wasserburg

Wasserburg – Durch William Shakespeare wurde Richard von Gloucester bekannt als einer der skrupellosesten Regenten in der Geschichte Englands. Wie es am Ende seines Schauspiels „Richard III.“ mit dem tödlich verwundeten Herrscher weitergeht, konnte jetzt das Premierenpublikum im Theater Wasserburg erleben.

Im elisabethanischen Drama haucht König Richard III. entsprechend der geschichtlichen Fakten sein Leben aus. Er wird in der Schlacht zu Bosworth von den Truppen Heinrich Tudors getötet. Autor, Regisseur und Schauspieler Mario Eik hingegen lässt seinen „Richard 3“ zunächst weiterleben.

Ehefrau als Geisel angeboten

Noch während der Kampf tobt, erwacht der Tyrann schwerst verletzt in einer Kiste, die sich in einem gespenstisch verhangenen Raum befindet. Dort trifft Richard völlig unerwartet auf einen Fremden, der von ihm Buße fordert. Richard glaubt zunächst, Opfer einer Entführung zu sein. Er ringt um seine Freilassung und bietet dafür seine Frau Anna zum Tausch als Geisel an.

Als diese tatsächlich auftaucht, bringt sie aber mitnichten die erhoffte Befreiung. Vielmehr beharrt auch sie darauf, ihr Mann möge doch endlich Reue für seine Verbrechen zeigen. Richard erinnert sich an seine zahlreichen Morde und Meineide auf dem Weg zur Herrschaft und zum Machterhalt. So zwang er unter anderem aus reinem Kalkül Anna, ihm noch am Sarg ihres Vaters die Ehe zu versprechen. Kurz zuvor hatte er ihren Gatten Prinz Eduard und dessen Vater König Heinrich VI. ermorden lassen.

Aber so lang die Liste seiner Freveltaten auch sein mag, Richard fehlt jede Art von Schuldgefühl. Stattdessen zieht er es vor, seine Opfer zu verhöhnen.

Die erste gemeinsame Produktion des Theater Wasserburg mit dem Neuland-Theater Burghausen bot dem Premierenpublikum ein wahrhaft nervenzerreißendes Kammerspiel. Mario Eik war nicht nur verantwortlich für Text und Regie im Drei-Personen-Stück. Er hatte auch die Rolle des blutrünstigen Tyrannen übernommen. Seine Darstellung des Gewaltherrschers war ebenso imposant wie auch ergreifend: Richard wurde darin zum dornengekrönten Messias des Bösen. Ähnlich wie es Betroffene von Nahtoderlebnissen her berichten, wurde ihm sein Leben mit all den Untaten noch einmal wie eine Filmrolle vorgeführt, was aber dem tödlich Verletzten wohl erst allmählich bewusst wurde. Richard zog eine Spur der Blutgier hinter sich her. Und auch auf der Bühne wurde viel Theaterblut vergossen. Zudem waren immer wieder schwarzhumorige Szenen zu sehen, die das Stück auf eine moderne, ironische Ebene brachten, mit der die Tragik erträglich wurde.

Als Gegenspieler stand „der Fremde“, dargestellt von Carsten Klemm, „Richard 3“ als eine Art Gewissen gegenüber. Er sah es als seine Aufgabe, dessen Gräueltaten aufzuzeigen, ob nun als vertrauter Priester aus Richards Jugend oder als eigene, moralische Instanz des Unbewussten blieb offen. Bemerkenswert erschien, wie schnell das vermeintlich Gute ins Böse wechseln kann, als „der Fremde“ die Waffe gegen Richard richtete.

Susan Hecker stand als „Anna“ zwischen den beiden Kontrahenten. In ihrer Ambivalenz schien sie sich selbst darüber nicht im Klaren, ob sie Richard nun betrauern oder töten sollte. Dafür überzeugte sie einmal mehr mit grandioser Schauspielkunst.

Sehenswerte Fortsetzung

Mit William Shakespeares „Richard III.“ ist der letzte englische Herrscher aus dem Haus Plantagenet wohl voreingenommen zum personifizierten Bösen geworden. Denn auch die anderen an den Rosenkriegen beteiligten Herrscherhäuser waren keineswegs frei von Schuld. Bei Mario Eik jedenfalls findet das mörderische Drama eine sehenswerte, zeitgenössische Fortsetzung, brillant gespielt und spannend bis zum letzten Atemzug seines Protagonisten.

Artikel 7 von 9