Bad Aibling – Ein mitreißendes Event war es, als die 1983 von Helmut Müller gegründete Aiblinger Big Band ihr vierzigjähriges Jubiläum im Saal der Gaststätte Kriechbaumer in Mietraching feierte. Bandleader Bernhard Schmid, der das etwa zwanzigköpfige Jazz- und Show-Orchester seit 1989 leitet, führte mit humorvollen Ansagen durch das abwechslungsreiche Programm. Zwischen den musikalischen Sets gab Heinrich Gall, der ehemalige Sänger der Band, kuriose Anekdoten und Höhepunkte aus der Band-Historie zum Besten. Seinen Einsatz als Sänger hatte Gall mit „Bad, Bad Leroy Brown“, zu dem er einen auf Bad Aibling gemünzten Text geschrieben hatte. Die Band eröffnete ihre Darbietung mit dem Bigband-Klassiker „The Opener“, der die besonderen Kennzeichen des Orchesters erkennen ließ: eine swingende Phrasierung und eine perfekte Satzarbeit bei den Bläsern, verknüpft mit Dynamik und Drive auf der Basis einer verlässlichen Rhythmusgruppe. Dazu kamen mitreißende Soloimprovisationen, wobei vor allem die zupackenden Soli Reinhard Matthays an der Trompete, Karl Sareiters an der Posaune oder Thomas Beckers am Tenorsaxofon hervorstachen.
Die stilistische Vielfalt des Abends war auch auf die unterschiedlichen Talente der Musiker zugeschnitten. So konnte Posaunist Hans Demberger in der Tommy-Dorsey-Nummer „Marie“ Dorseys elegante Spielweise solistisch präsentieren oder Susi Weiss den Swing-Standard „Shiney Stockings“ in Count-Basie-Manier unterlegen. In Neal Heftis „Cute“, ebenfalls einem Swinger aus dem Count-Basie-Repertoire, trommelte Schlagzeuger Hermann Roth mit Besen und Sticks ein fulminantes Solo mit spannungsgeladener Dramaturgie.
Eine Big Band braucht natürlich auch eine Sängerin, und da überzeugte Anna Müller, wenn sie beispielsweise die Rumba „Don’t Know Why“ von Norah Jones sanft intonierte, mit erdiger Stimme unisono zum Saxofonsatz sang oder in George Gershwins „‘S Wonderful“ swingte, wobei sie von Einsteiger Peter Gall am Schlagzeug kräftig unterstützt wurde. Wie für viele junge Jazzer war auch für Gall die Aiblinger Big Band ein Sprungbrett zum internationalen Erfolg gewesen und er ist heute Professor an der Musikhochschule in Mannheim.
Den männlichen Gesangspart erfüllte Alfred Küchenmeister und brachte in Stücken wie „Alright, Okay, You Win“ seine „schwarze Seele“ à la Joe Williams zum Klingen oder mimte in Hits wie „New York, New York“ Frank Sinatra. Als Überraschung am Gesang stellte Bernd Schmid den Gitarristen Fritz Federkiel als „Zwillingsbruder von Rod Stewart“ vor, der in der melancholischen Swing-Nummer „Moonglow“ mit einem Gitarrensolo und seiner rauen und außergewöhnlichen Stimme begeisterte. Ebenfalls als Sänger präsentierte sich Trompeter Armando Bolzonaro. Der kleine Italiener stimmte in einem Potpourri Italo-Hits wie „Quando, Quando“ oder „Volare“ authentisch an. Auch in seiner Funktion als Arrangeur konnte Bolzonaro überzeugen: „Reach Out“ hatte er eigens für die Big Band in einem Wechsel aus Bläserchoral und rockigen Teilen eingerichtet. Bei solch musikalischer Vielfalt war es nicht verwunderlich, dass nach dem offiziellen Schlusslied „Crazy Little Things“ nach lang anhaltendem Beifall noch Zugaben erklatscht wurden: Mit zwei Klassikern von Glenn Miller und Benny Goodman, bei denen Bern Schmid solistisch zur Klarinette griff, ging ein grandioses Jubiläumskonzert zu Ende. Richard Prechtl