Wer knuspert am Zelt-Häuschen?

von Redaktion

Hänsel und Gretel locken in Immlinger Kinderoper-Fassung ins Kulturzelt am Endorfer Hof

Bad Endorf – Manchmal passt es, wie die Faust, in diesem Fall, eher der Schneeball aufs Aug‘: Justament zum Adventsbeginn startet in Bad Endorf nicht nur der Weihnachtsmarkt, sondern bei hefigem Wintereinbruch auch das vom Immling Festival organisierte „Kulturzelt im Advent“. Hinter dem Hotel Endorfer Hof – Lebkuchenduft, Glühwein und allerlei Weihnachtsbastelei. Im großen Zelt, daneben – vorweihnachtliche Kulturgenüsse für Familien, Musiktheater, Lesungen und so manche schräge Hexe, die so gar nicht will, dass wer an ihrem Lebkuchenhäuschen knuspert.

Von Lampenfieber
keine Spur

Beim Besuch der Generalprobe der Kinder-Oper „Hänsel und Gretel“ kreuchte und fleuchte da so einiges durch das gemütlich warme Kulturzelt. Von großer Aufregung oder Lampenfieber war im Zelt aber wenig zu spüren. Ausgefallene Kostüme und ein stimmungsvolles Bühnenbild lassen die Vorfreude auf die Begegnung mit Hänsel, Gretel und der Knusperhexe wachsen. Letztere wird von Opernsängerin Sieglinde Zehetbauer gesungen und – von ihrer umwerfend schönen Stimme abgesehen – ließe sich sagen hexenmäßig gut gespielt. Zehetbauer schwingt aber nicht nur den Hexenbesen, sondern übernimmt auch die Rolle der Mutter. Langsam füllt sich das Zelt, das Ensemble findet sich ein. Regisseur Ludwig Baumann trägt Hut und ein Lächeln im Gesicht. Auch Hänsel und Gretel trudeln ein und bereiten sich, bereits wunderbar geschminkt und im geschmackvollen Kostüm, auf den vorweihnachtlichen Bühnenspaß vor.

Energievoll tobt das Geschwisterpaar ins Zelt, tanzt, singt und reißt alles mit. Anna Matrenina als Hänsel und Celina Hubmann als Gretel entern das Zelt wie ein Wirbelwind: Die Bühne lebt und bebt – Engelbert Humperdincks Musik erklingt live vom Klavier am Bühnenrand, an dem Iris Schmid sitzt, die auch für die musikalische Leitung verantwortlich zeichnet.

Sind diese beiden Kinder auch arm und hungrig, traurig sind sie kein bisschen. Der Mutter wird das Treiben zu bunt, sie schreitet ein, die Milchschale zerbricht und zur Strafe müssen die lästigen Kinder ab in den Wald. Als der Vater heimkehrt, Vitalii Lashko gibt ihn leidenschaftlich singend und spielend, und die Kinder fort sind, wächst die Sorge um die Kleinen, die nun den Gefahren des dunklen Waldes ausgesetzt sind. Beim Erklingen der Klassiker „Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh“, „Ein Männlein steht im Walde“ und „Brüderchen, komm tanz‘ mit mir“, ist man schnell mittendrin, im so großartig gesungenen Märchen. Im Wald wird es dann unheimlich: Geisterhaft schleichen, Nebel verhüllt, mannshohe Tannen auf die Bühne – vom Kinderchor getragen. Sie wiegen sich im Wind.

Um die Angst kümmert sich das Sandmännchen mit einer traumschönen Arie und Hänsel und Gretels gesungenes Abendgebet „Abendsegen“ bezaubert vollends: Wie im Märchen, erscheinen auch die vielen weißen Kinderengelchen – die Kinder des Kinderchores Immling.

Klar, die Hauptattraktion dieser Kinderoper ist die Knusperhexe – und ihr leckeres Lebkuchenhaus. Und das weiß das menschenhungrige Weibsstück und legt sich ordentlich ins Zeug. Rote Mähne, orangefarbene Sonnenbrille auf der Nase, ein stylisches Kleid – heißer als der Ofen, dem sie letztlich nicht entrinnen kann. Schade eigentlich.

Ein glückliches
Wiedersehen

Überhaupt nicht schade finden es die Kinder, sodass das Wiedersehen, wenn auch nicht für die Hex´, so doch wenigstens für Eltern und Kinder zum Happy End gerät. Ein glückliches Ende sollte sicher auch die kurze Probenphase nehmen, in der Kinder, Sängerinnen und Sänger die Märchenoper, in der kurzweilig gehaltenen und so liebevoll inszenierten Immlinger Fassung ins Zelt gezaubert haben.

Das Lebkuchenhaus, verlockend bunt und zum Anbeißen süß, bleibt zwar auf der Bühne. Zum Verzehr, also ungeeignet. Auch die Hexe bleibt im Ofen. Doch die vielen aufregend schönen Bilder, Humperdincks Musik und die schönen Lieder werden in den großen und kleinen Herzen der Zuschauer nachwirken.

Vier Aufführungen

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