Rosenheim – Hans Pleschinskis neuer historischer Roman „Der Flakon“ spielt zu Beginn des Siebenjährigen Krieges. Es ist ein Roman über Krieg und Frieden und handelt von einem entscheidenden Moment in der deutschen Geschichte. Der mit vielen Preisen ausgezeichnete Autor las auf Einladung der Goethe-Gesellschaft Rosenheim im Künstlerhof am Ludwigsplatz vor zahlreichen Zuhörern vier Passagen, zu denen er vorher erklärende Anmerkungen machte.
„Hätte Preußen den Krieg gegen Sachsen nicht gewonnen, so wäre möglicherweise nicht das Brandenburger Tor, sondern der Dresdner Zwinger zum Nationaldenkmal der Deutschen geworden“, so Pleschinski. Im August 1756 überfällt Friedrich der Große ohne Kriegserklärung das große und reiche Sachsen. Sachsen hat gegen das hochgerüstete Preußen keine Chance. „Das Land“, so Pleschinski, „hatte die Wehrhaftigkeit vergessen.“ Von Preußen wird es nun gedemütigt und ausgebeutet. Während Sachsens König Friedrich August nach Polen flieht, bleibt die Reichsgräfin von Brühl in Dresden und denkt nicht an Kapitulation.
Anschaulich und lebendig schilderte Pleschinski die Situation auf der von Preußen belagerten Festung Königstein und die Hilflosigkeit der sächsischen Armee, laut Pleschinski die einzige in Europa, die vollständig mit Perücken ausgestattet gewesen sei. Die öffentlichen Kassen Sachsens wurden von Preußen beschlagnahmt, in Leipzig als Zeichen der preußischen Ordnung auf dem Marktplatz ein Galgen errichtet.
In einer anderen Episode versuchen die Reichsgräfin von Brühl und ihre Kammerzofe, einen Preußen zu stellen, der in die Schatzkammer im Grünen Gewölbe, den „Dresdner Louvre“, eingedrungen ist. Es stellt sich bald heraus, dass er ein zartfühlender preußischer Offizier ist, ein „Alkibiades der preußischen Armee“, der Zugang zu Friedrich dem Großen hat. Friedrich und sein Bruder Heinrich, beide homosexuell, haben sich nämlich in den attraktiven Adjutanten verliebt. „Der Siebenjährige Krieg war ein Krieg der Geschlechter“, so Pleschinski. Friedrich der Große, sein Bruder Heinrich und der Herzog von Braunschweig standen der russischen Zarin Elisabeth und der Habsburger Kaiserin Maria Theresia gegenüber.
Die Reichsgräfin von Brühl und ihre junge Kammerzofe Luise von Barnhelm schmieden einen Plan. Sie machen sich auf den Weg nach Leipzig zu dem berühmten Dichter Gottsched. Dort will ihn auch der preußische König treffen, weil Friedrich sich ebenso für deutsche Literatur interessiert
Mit Einfühlung und feiner Ironie trug Pleschinski die Szene in der Reisekutsche vor, in der die Frauen zusammen mit zwei Zwillingsbrüdern reisen, die nach England auswandern wollen. Interessant war, dass damals die sächsischen Kutschen aus Weidengeflecht gefertigt waren und eine bessere Federung hatten, im Winter aber kaum gegen Kälte schützten. „Die Post war pünktlich und zuverlässig“, wusste Pleschinski. Die Reise von Dresden nach Leipzig dauerte damals zwei Tage. „Die Zeit vor Goethe war voll von Kunst und Kreativität“, klärte Pleschinski die Zuhörer auf. Neben Gottsched und dem hypochondrischen Pazifisten Gellert war in dieser Zeit Lichtenberg eine große Berühmtheit. Witzig schilderte der Autor das Gespräch mit der Reichsgräfin und Gellert. Gottsched, so der Plan, soll den preußischen König beseitigen.
Pleschinski gelang es mühelos, die Zuhörer zu fesseln. Sein Humor und sein leicht ironisch angehauchter Vortragsstil, nicht zuletzt die spannende, mit vielen geistreichen Dialogen aufgelockerte Handlung seines Romans machten die Lesung zu einem großen Genuss. Georg Füchtner