Bernau – Die Welt mit Filmen ein wenig besser zu machen: Der Bernauer Filmemacher Detlev Neufert zeigt, dass das keine Utopie sein muss. Wir berichteten im Oktober über sein „Better World Film Festival“ in München, derzeit plant er die Dreharbeiten zum dritten Teil seines Dokumentarfilms „Himmelswiese“. Nach dessen Premiere 2005 wurde er weltweit von über 20 Millionen gesehen, nur in Deutschland interessierten sich weder die Filmförderung noch das TV. Wir sprachen mit Neufert über seinen Film und über die Arbeit als freier Filmemacher und Produzent.
Worum geht es in der „Himmelswiese“ und was hat Sie als Filmemacher daran gereizt?
Um die Jahrtausendwende lebte und arbeitete ich in Thailand, als irgendwann der ehemalige Henkel-Manager Karl Morsbach mit mir Kontakt aufnahm. Er hatte gerade begonnen, mit seiner thailändischen Frau Tassanee das Dorf „Baan Gerda“ zu bauen, benannt nach seiner verstorbenen Mutter Gerda. Das soziale Projekt, nördlich von Bangkok gelegen, sollte eigentlich den damals unzähligen Aids-Waisenkindern helfen, ein Lebensende in Würde zu finden. Ihre Eltern waren an Aids gestorben, sie selber waren infiziert und zählten als Todgeweihte und von der Gesellschaft Ausgestoßene zu den Ärmsten der Armen. Die Morsbachs und eine thailändische Ärztin kümmerten sich um die Kleinen, ihre Grundbedürfnisse und die medizinische Versorgung. Und nach erstaunlich kurzer Zeit geschah dann „das kleine Wunder von Baan Gerda“, wie ich meinen Film dann im Untertitel genannt habe.
Können Sie das etwas genauer beschreiben?
Was in „Baan Gerda“ geschah, kann man zwar irgendwie erklären und dennoch kommt es mir heute noch wie ein echtes Wunder vor: Die Kinder überlebten in unerwartet großer Zahl, entwickelten sich zu fröhlichen kleinen Menschen – und das eigentlich nur, weil sie Liebe und Fürsorge erfuhren und in der dort entstandenen Gemeinschaft wieder eine Familie fanden. Dieses „Wunder“, das jedem fühlenden Menschen sofort einleuchtet, filmisch zu dokumentieren, hat mich unglaublich gereizt. Zuletzt lebten in Baan Gerda rund 120 Kinder. Viele machten ihren Schulabschluss und zu einigen habe ich noch heute Kontakt.
Und wie war dann die Reaktion auf die „Himmelswiese“?
Der Film im 90-Minuten-Format wurde in Thailand von acht Millionen Zuschauern gesehen und in China von zwölf Millionen! Gezeigt wurde er außerdem in vielen Ländern Asiens, auch in Afrika und Europa. Die thailändische Königsfamilie bekam eine Extravorführung und gehört seitdem zu den verlässlichen Förderern von Baan Gerda. Manchmal helfen Filme also doch, die Welt zu verbessern.
In Deutschland ist der Film relativ unbekannt geblieben, was war da los?
Bis auf die Vorführung im Deutschen Bundestag anlässlich des Welt-Aids-Tages 2007 tat sich so gut wie nichts. Der Kamphausen-Verlag hat zwar 4000 DVDs verkauft, verbunden mit einer Spendenaktion für Baan Gerda, doch kein großer Verleih war interessiert und auch beim TV, ob öffentlich oder privat, winkte man ab. Ein paar Kinovorführungen habe ich selber organisiert und Einladungen von Rotariern gab es. Den zweiten Teil „Tanz auf der Himmelswiese“, ein 30-Minuten-Nachfolger, der Baan Gerda zehn Jahre später zeigt, hat immerhin die Deutsche Welle gekauft und in sieben Sprachen übersetzt im Ausland gezeigt. Eine kanadische Millionärin sah ihn und vererbte spontan ihr Vermögen an Baan Gerda. Das Überleben des Projekts ist seitdem gut gesichert, für mich wieder ein Beweis dafür, dass Filme die Welt verbessern können.
Sie planen aktuell einen dritten Teil der Himmelswiese, was ist dafür das Motiv?
Es gibt da einen roten Faden, er heißt Ben und ist eines der Baan-Gerda-Kinder im ersten Teil, damals acht Jahre alt.
Im zweiten Teil war er dann schon sechzehn, also schon fast erwachsen und seinen kleinen „Geschwistern“ in Baan Gerda täglich ein geliebter großer Bruder. Im Dorf werden inzwischen, auch weil es kaum noch Aids-Waisen gibt, Flüchtlingswaisen aus dem Bürgerkriegsland Myanmar aufgenommen. Auch wieder die Ärmsten der Armen, hilflos und versprengt in den Wäldern des Grenzgebietes, die Eltern verloren und von allen Seiten verfolgt und bedroht. Einer von ihnen, der kleine Win, hat Kontakt zu Ben gefunden, der mit 26 jetzt in Bangkok lebt, aber Baan Gerda immer noch verbunden ist. Was sich zwischen den beiden entwickelt, vielleicht eine neue kleine Familie, das ist spannend, aber auch die Aids-Stigmatisierung, das alles will ich festhalten und dokumentieren.
Es geht also wieder nach Thailand. Wann beginnen die Dreharbeiten?
Geplant habe ich den 15. Februar als Drehbeginn. „Die Kinder der Himmelswiese“, so wird der dritte Teil heißen, soll am 26. Juli 2024 in München am Welt-Aids-Tag gezeigt werden. Quasi als Beispiel einer ganz speziellen Erfolgsgeschichte im weltweiten Kampf gegen das HIV-Virus. Darum ist der Zeitplan eng und die Finanzierung noch recht wackelig. Sie wissen ja, 100 Prozent Eigenfinanzierung. Wer also als Sponsor dabei sein möchte, kann sich direkt an mich wenden über E-Mail an dfneufert@gmail. com oder telefonisch unter 0157/87439771. Sponsoren sind zur Filmpremiere in München eingeladen, die Himmelswiese Teil 1 und 2 gehören ihm/ihr ohnehin schon jetzt.
(Mehr auf www.detlev- neufert.de).
Interview: Klaus Bovers