Wenig christliche Namen in der katholisch geprägten Region

von Redaktion

Über die Bedeutung religiöser Begriffe in den Bezeichnungen unserer Orte und Gemeinden

Rosenheim – Remigius Rauber, genannt „René“, war katholischer Religionslehrer an einem Münchner Gymnasium. Sein Interesse galt neben dem geschichtlichen Hintergrund berühmter europäischer Kirchen auch all jenen Ortsnamen, die einen religiösen Bezug haben, und das galt nicht nur für die Ortsnamen seiner saarländischen Heimat, sondern auch für die seiner zweiten Heimat, der Gegend zwischen München und Rosenheim.

Dieses Interesse war für jemanden aus der Region Neunkirchen und St. Ingbert nicht weiter verwunderlich: Gerne ließ er seine Schüler über den Namen von Neunkirchen rätseln. „Neun Kirchen? Na, wie viele Kirchen standen wohl in Feldkirchen oder in Holzkirchen oder in Steinkirchen?“

Die Erklärung folgte auf dem Fuß: „Neunkirchen erklärt sich aus mittelhochdeutsch ‚ze der niuwen Kirchen‘, also aus ‚bei der neuen Kirche‘; das Endungs-n bezeichnete damals den 3. Fall in der Einzahl. Also: Nur jeweils eine Kirche in Feldkirchen, Holzkirchen und Steinkirchen – zumindest in alter Zeit“.

Noch mehr als die „Kirchen-Orte“ interessierten den Theologen Ortsnamen mit einem religiös-persönlichen Begriff im Namen. Passenderweise trägt sein Arbeitsort München sowie sein Ausflugsort Ostermünchen, den er gerne zugleich mit dem nahe gelegenen Wallfahrtsort Tuntenhausen besuchte, den Mönch im Namen. Aber was den umtriebigen Religionslehrer ein wenig wunderte, war die geringe Anzahl von christlichen Ortsnamen in der so stark katholisch geprägten Region um Rosenheim. Aber immerhin: „Pfaffenhofen und Pfaffing – Namen meiner Berufskollegen –, Stephanskirchen – dieses gleich mehrfach – St. Margarethen und der Petersberg, Sankt Salvator bei Rimsting, Marienberg bei Schechen, Heilig Blut südlich von Rosenheim, Leonhardspfunzen östlich von Rosenheim – aber sonst?“

Klar: Orte, die nach ihrer Lage oder Größe benannt wurden, haben bis heute weder christliche noch heidnische Namen. Degerndorf war das große (= althochdeutsch tegar), Litzldorf das kleine (= luzzelin) Dorf. Viele Orte verraten noch heutzutage den germanischen und zumeist vorchristlichen Namen ihres Ortsgründers, so wie etwa Raubling seinen Rupilo. Und dennoch: René Rauber gelang es, immerhin zwei weitere christliche Ortsnamen in unserer Region ausfindig zu machen: Thal im Raum Tuntenhausen und Gottschalling nahe Au bei Bad Aibling.

Öko-Landwirt Josef Bodmaier aus Nordhof bei Tuntenhausen hatte auf die „zweistöckige“ Wehr-Kapelle („oben mit Schießscharten“) in Thal hingewiesen; und Thal habe in frühesten Aufzeichnungen „Gottes Tal“ gelautet. Und Gottschalling, um 1300 „Gotschaliching“ genannt, präsentiert einen weiteren religiösen Namen, obwohl der Begriff „Gotesschalc“: Gottes Diener oder Knecht zunächst keinen Heiligennamen offenbart. Als „Gottes Diener“ wurden in gleicher Weise Geistliche und Adlige besonders gewürdigt. Aber „Gottschalk“ war seit dem Tode eines slawischen Märtyrers namens Gotesschalc im Jahre 1066 ein „richtiger“ Heiligenname geworden. Zum religiösen Wortschatz gehören natürlich auch die Ortsnamen Großkarolinenfeld und Jarezöd; „Großkaro“ trägt seit circa 1802 den Vornamen der evangelischen bayerischen Königin Karoline im Namen, Jarezöd den alttestamentarischen Namen Jared. Und wer weiß? Vielleicht lassen sich noch weitere religiöse Namen in unserer Region finden.Armin Höfer

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