Bruckmühl – Eigentlich wissen wir sehr wenig über die heute sogenannten „Heiligen Drei Könige“, die im katholischen Kalender am 6. Januar ihren Gedenktag haben – und um die sich vielleicht auch wegen des wenigen belastbaren Wissens ein reiches Brauchleben entwickelt hat. Am Abend vorher, am 5. Januar, ist die letzte „Raunacht“. Und ich muss gestehen: Es stört mich nicht, dass so wenig objektiv über dieses eventuell sogar historische Ereignis bekannt und belegbar ist.
Schon als Student in den 1970er-Jahren war ich fasziniert vom Reichtum der (volks-)musikalischen Bräuche, die die Menschen in unserer Heimat in den vergangenen 500 Jahren um dieses Fest herum gestaltet haben – und immer noch gestalten. Und ich darf daran teilnehmen: Zehn bis zwölf Mitglieder und Freunde vom „Förderverein Volksmusik Oberbayern“ gehen als Erwachsene mit über 15 verschiedenen Liedern und Dialogen aus dem Schatz der Überlieferung zum „Sternsingen“ vor die Türen der Menschen. Und das in der Weise wie „seit alters her“: Singen und die Frohe Botschaft des Evangeliums verkünden, die Häuser, Wohnungen und Menschen segnen und die besten Wünsche für das neue Jahr vorbringen! Dazu ist eine Fülle an örtlich gebrauchten Sternsingerliedern überliefert, einige davon hat um 1870 der Münchner Volksliedsammler August Hartmann (1846 bis 1917) im Mangfalltal aufgeschrieben.
„Auf, ihr Menschen, lasst euch sagn, / was sich heut Nacht hat zuatragn: / dass geborn der Heiland ist, / sein Name heißt Herr Jesus Christ. / Hell am Himmel glänzt der Stern / hat geführt uns aus der Fern, / hat geführt uns zu dem Kind, / aus dem Morgenland geschwind.“
In einem Ortsteil Bruckmühls, in der ehemaligen Arbeitersiedlung Heufeldmühle, warten viele schon auf das Kommen „ihrer“ erwachsenen Neujahrswünscher mit den Sternsingerliedern. Manche Hausleute freuen sich, wenn sie mit ihren Nachbarn zusammen dieses Ereignis erleben und noch länger beieinanderstehen beim Ratschen und „Schnapseln“ – auch wenn wir schon lange weitergezogen sind. Dieses kommunikative Element, diese Möglichkeit zum mitmenschlichen Zusammenfinden, scheint gerade heutzutage wichtig zu sein. Manche haben sich auch unserem Zug schon angeschlossen – ein paar Häuser weiter oder auch ein paar Stunden.
„Wünsch ma enk a neues Jahr, / weil das alte werd jetz gar, / Gottes Segen, Glück und Freud, / dazu Gesundheit allezeit!“
Seit den 1950er-Jahren gibt es die Sternsinger-Aktionen der Pfarreien, in bewundernswerter Weise getragen von den jugendlichen Ministranten, die bei jedem Wetter diesen oft beschwerlichen Dienst erfüllen. In vielen Pfarreien werden es immer weniger „Freiwillige“ und die Standhaften sollen immer mehr Tage gehen. Die Sternsinger der Pfarrei Bruckmühl konnten auch früher schon nicht überall hinkommen – und so haben wir „Alten“ den Part der Sternsinger übernommen. Eventuelle Spenden werden vollständig dem Bürgermeister von Bruckmühl für soziale Zwecke in der Gemeinde übergeben – so wie es historisch von der Volkslied- und Brauchforschung belegt ist: Erwachsene gingen mit ihren Liedern zum Sternsingen und sammelten für den ärmeren Teil der Bevölkerung in ihrem Dorf. Am morgigen Samstag sind wir wieder in Heufeldmühle unterwegs.
„Ich bin der König Balthasar, / und bringe Gold dem Kinde dar. / Das Kind ist Gott und Mensch zugleich, / eröffnet uns das Himmelreich. / Erlaubt, dass ich mich stelle vor, / ich bin der König Melchior. / Ich habe Weihrauch angebrannt / und reich in Lieb dem Kind die Hand. / Der König Kaspar bin ich genannt, / mein Reich liegt fern im Morgenland. / Ich bringe Myrrhe für das Kind, / durch das die Welt Erlösung findt.“
Das Matthäus-Evangelium spricht nur von einer beliebigen Zahl Magier, die dann in den folgenden Jahrhunderten von Seite der Kirche zu „Königen“ stilisiert wurden. Diese Sterndeuter suchten das neugeborene Gotteskind, denn sie hatten „seinen Stern aufgehen sehen“ und dieser Stern „zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.“ Die Zahl „drei“ wurde im 8. Jahrhundert aus den drei Geschenken abgeleitet. Dabei entstanden auch die drei heute bekannten Namen und die Herkunft aus den drei damals bekannten Erdteilen Europa, Afrika, Asien. Und als 1164 der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel, der als Reichskanzler mit dem deutschen Kaiser Friedrich Barbarossa in Italien Krieg führte, die in Mailand verehrten Gebeine der Magier gewaltsam, sozusagen als Kriegsbeute, nach Köln verbrachte, begann in den deutschen Landen die Verehrung und Ausschmückung des Kultes um die „Heiligen Drei Könige“, deren offizielle Heiligsprechung umstritten ist.ernst schusser