Lachendes Glück beim Silvesterkonzert

von Redaktion

„Der Graf von Luxemburg“ von Franz Lehár im Erler Festspielhaus

Erl – Eine hübsche Idee war es von den Tiroler Festspielen Erl, das alte Jahr mit einer Operette zu verabschieden. Weniger hübsch war die Idee, diese Operette rein konzertant zu spielen. So musste „Der Graf von Luxemburg“ von Franz Lehár ganz ohne Dekoration und Kostüme auskommen, nicht mal einen roten Ballsaal-Plüschvorhang gab es, Karnevalsflitter oder ein bisschen Maler-Atelier-Chaos, geschweige denn ein Sofa aus dem Grandhotel. Auch die Damen und Herren des großen Festspiel-Chores standen in festlich-düsterem Schwarz da. Die Solisten kamen jeweils nur zu ihren Arien von hinten herein und lasen die Noten teilweise vom Notenpult ab.

Die reine Musik
sollte es richten

Gottseidank brachte Charlotte Leitner als charmant plaudernde Erzählerin etwas heiterere Stimmung herein – sie entpuppte sich am Schluss auch als singende „Dea ex machina“ namens Gräfin Stasa Kozokow, die alle vorherigen Ehewirren entwirrt. Damit nämlich der Fürst Basil die angebetete Sängerin Angèle heiraten kann, soll sie zuvor- unbekannterweise – den bankrotten Graf Renée von Luxemburg heiraten, sich aber bald wieder scheiden lassen, sodass sie als Gräfin ehewürdig für den Fürsten ist. Natürlich verlieben sich Renée und Angèle unerkannt ineinander.

Die reine Musik also sollte es richten, diese „Kollision aus Pariser Tonfall und slawischen Gegenklängen“, (so sagt’s der Operetten-Papst Volker Klotz), und der vielfältig eingesetzte „Valse moderato“, der den musikalischen Herzensverkehr zwischen dem Graf Renèe und der Sängerin Angèle regelt. Dies alles war bei Chefdirigent Erik Nielsen in den besten Händen – nur den Rhythmus des lässig bis lasziv schleifenden Valse moderato hätten die Kontrabässe durch kräftigeres Zupfen stärker betonen können. Aber sonst holte Nielsen alle sprühenden Farben aus der reichhaltigen Orchesterpalette heraus: Wenn der Fürst singt: „Ich bin verliebt“, lachen die Geigen im Pizzicato und die Flöten hämisch dazu, wenn Renée die Hand und das Parfüm der noch unbekannten Angèle besingt, rauschen Harfe und Celesta im Glissando ekstatisch auf, wenn Angèle sich fragt, ob sie ihrer Liebe zu dem – ihr noch unbekannten – Renée nachgeben darf, jubelt das Orchester mit wechselnden Nachtigallenklängen in Klarinette, Geige und Flöte und schwimmendem Geigenklang: Ja, du darfst! Und bis Renée erkennt, wer die Unbekannte ist, schwelgt das Orchester in spannungssteigernden Modulationen. Elegant wirbelt dann der Walzer zur Frage „Bist du’s, lachendes Glück“, der leitmotivisch die Operette durchzieht.

Die Musik also richtet’s – und natürlich die Sänger. Der bosnische Tenor Omer Kobiljak geht mit seinen hellglänzenden Spitzentönen verschwenderisch um wie die von ihm gespielte Figur des Grafen Renée mit seinem Geld. Sein weißer Seidenschal überm Frack demonstriert lotterhafte Lebenslust, er beginnt als erster auch, sich temperamentvoll zu bewegen, entfernt sich oft vom Notenblatt und traut sich auch, seine Partnerin zu berühren und dann auch zu tanzen: Stimmung kommt auf. Dass Anna Gabler als Angèle sowohl Operetten als auch Wagner-Opern im Repertoire hat, hört man. Das Buffo-Paar spielen und singen Lubov Karetnikovo und Francisco Brito allerliebst und zündend und „bummeln durchs Leben“ unter Marschmusik und mit lebenslustigem Charme. Als Fürst Basil hat Christoph Füller die Bass- und Selbstironie-Kompetenz in seinem Couplet, in dem er sich als einstigen Salon-Löwe und Rekord-Polka-Tänzer rühmt. Die Stimmung im Saal hob sich nach der Pause merklich, als die Sänger merkten, dass ihre Musik „ankommt“, sie wurden freier, lustiger und operettenwahrhafter.

Im Winter
weiterhin Operetten

Wäre es nicht eine schöne Idee der Erler Festspiele, in jedem Jahr im Winter eine Operette zu bringen? Es gibt die Bühne, es gibt eine fleißige Kostümmanufaktur, es gibt die Sänger und das sichtbar freudig aufspielende Festspielorchester – und es gibt noch viele Lehár-Operetten. Es wäre ein alljährliches „lachendes Glück“.

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