Von Zeitreise-Raketen und O-Haxadn unter Artenschutz

von Redaktion

Traditionskabarett „S’Breedl“ zeigt Programm „Wenn’s owei so leicht gang!“ in der Rosenheimer Theaterinsel

Rosenheim – Einatmen, ausatmen. Aus der Dunkelheit des Theatersaals erhebt sich ein Gongschlag, Klangschalen schwingen. Oder eher sind es Klangschälchen, gerade einmal handtellergroß, die die vier Männer tänzelnd in den Raum tragen: Stefan Hanus, Hubert Fischer, Alois Schmidmayer und Willy Maier treten in mystisch-gedämpftem Licht auf. Vier gestandene Mannsbilder, die seit 40 Jahren zusammen Kabarett machen. An diesem Abend versprechen sie eine therapeutische Kabarettsitzung.

In ihrem neuen Programm „Wenn’s owei so leicht gang!“ wollen sie einfache Lösungen für hochkomplexe Probleme finden. So leicht wie Ein- und Ausatmen. Und so animiert Hanus das Publikum sofort zum rhythmischen Mitatmen und Mitsprechen und meditiert eine Rakete herbei. Also, symbolisch, imaginativ versteht sich. Denn die Rakete soll das Publikum nicht nur vor seinem geistigen Auge sehen, sondern es soll den Ballast des vergangenen Jahres in die Rakete laden, den Alltag hinter sich lassen.

In zwölf Sketchen geht es mit der Rakete auf eine zweistündige Zeitreise – von den 1970ern bis in die 2070er. Wobei der Begriff Sketch eigentlich zu kurz greift: Hanus, Fischer und Schmidmayer experimentieren mit Dialekten und Stimmlagen, singen Gstanzl, geben ein Live-Hörspiel im Dunkeln und kantillieren auf Latein in Mönchskutten – hintersinnig getextet und mit Spielfreude verkörpert. Musikalisch werden die drei von Willy Maier am Klavier begleitet, Stefan Weber sorgt für gelungene Lichtstimmungen und Soundeffekte. Theaterkabarett, wie es Spaß macht.

Mit absurd-kuriosem Humor lässt S’Breedl so beispielsweise einen o-beinigen Urbayer, den O-Haxadn, in der Lauterbacher Filzen sitzen und den Bau neuer Gleise im Inntal verhindern. Die EU hätte nämlich anerkannt, dass er eine zu schützende Art sei und habe ihn in ihr europäisches Artenschutz-Programm aufgenommen. Als Running Gag zieht sich der O-Haxade durchs Programm und mischt sich unter Kamillentee trinkende Stammtischler und Möchtegern-Imperatoren.

Heiter, aber mit Bedacht tippt die Truppe so die heißen Eisen unserer Zeit an, mit denen andere Kabarett- und Comedy-Programme gerade nur noch polarisieren: Klimawandel, Gleichstellung, Erinnerungskultur, Brenner-Nordzulauf. Mit mal lauten, mal leisen Pointen und hinterkünftigem, bayerischen Humor gelingt dem Kabarett-Quartett so ein leichter, unterhaltsamer Abend, über den alle Generationen und politischen Lager lachen können.

Nur ganz selten sind die Andeutungen und Pointen zu verhalten, sodass es uneindeutig bleibt, in welche politische Richtung gerade getreten werden soll. Und auch über vorsichtige Späße zum Krieg in der Ukraine und Nahost lacht das Publikum eher verhalten. Umso schlagfertiger ist S’Breedl, wenn es das Geschehen in Rosenheim und der Umgebung kommentiert: Den Endlosbau der Rosenheimer Westtangente oder Porsche-Fahrer auf dem Weg zum Sudelfeld.

Am Ende des zweistündigen Abends erklingen wieder die Klangschalen. Hanus stellt erfreut fest, dass das Publikum das mit dem Ein- und Ausatmen nicht vergessen hat und beschwört noch einmal die Rakete. Groß und glänzend, mit dampfenden Triebwerken hat sie die Erde verlassen. Sie steigt auf, schwebt im Orbit, bis es sie plötzlich mit lautem Knall und Blitz zerfetzt. Oha. „Habt’s ihr wirklich geglaubt,“ fragen Hanus, Fischer und Schmidmayer, „dass ihr für 15 Euro Eintritt euern ganzen Mist loswerden könnts?“ – „Mei,“ lautet die Antwort, „wenn’s owei so leicht gang!“

Sarah Fischbacher

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