Eine zeitlos moderne Dichterin

von Redaktion

Schauspielerin Doris Buchrucker liest im „Affekt“ Texte von Mascha Kaléko

Rosenheim – Unter dem Motto „Vertreibung aus dem kleinen Glück“ präsentierte das Kulturzentrum „Affekt“ eine musikalische Lesung mit Texten von Mascha Kaléko. Die 1975 in Zürich verstorbene Autorin gehörte in der Zeit der Weimarer Republik zur Berliner Literaturszene rund um Erich Kästner und Ringelnatz, nachdem sie mit ihrer Familie aus Galizien emigriert war.

Da sie jüdischer Abstammung war und ihre Schriften von den Nazis beschlagnahmt wurden, floh sie 1938 erneut, und zwar mit ihrem Mann in die USA. Bei einem Comeback 1960 sollte sie den Fontane-Preis in Berlin bekommen – doch ein Jury-Mitglied war ein früheres SS-Mitglied. Kaléko nahm den Preis daher nicht an. Ihre Texte sind kleine Alltagswahrnehmungen mit einer eigenen inneren Rhythmik, es sind Reflektionen über Begegnungen, über sozialen Status, Gefühle und Gedanken.

Die frei arbeitende Schauspielerin Doris Buchrucker, Absolventin der Falckenberg-Schule, trug mit gekonnter Intonation und in unprätentiöser Weise eine Textauswahl vor, begleitet vom Youkali Ensemble. Das Quintett spielte streicherdominiert feine Tangos und Klezmermusik.

Die Verbindung von Text und Musik wirkte sowohl zeitnah nostalgisch und auch zeitlos modern, ein interessanter Abend vor dem Hintergrund von Bedrohung und Emigration.

andreas friedrich

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