Kleine Orte einst ganz groß – und umgekehrt

von Redaktion

So schmerzlich der Verlust des Status als Kreisstadt für Bad Aibling und Wasserburg infolge der ab 1972 durchgeführten Gebietsreform auch gewesen sein mag: Die beiden Städte sind mehr denn je auf einer Erfolgsspur, insbesondere in wirtschaftlichen und kulturellen Angelegenheiten; und nicht zuletzt Angehörige der jüngeren Generation bevorzugen – gegenüber dem seit 1972 auch für die ehemaligen Landkreise Aibling und Wasserburg gültigen Kennzeichen RO – gern die seit einigen Jahren wieder genehmigten herkömmlichen Kennzeichen AIB und WS.

Es gibt aber einen Aufsteiger in unserer Region, der in hoher Geschwindigkeit immer bedeutsamer wurde: Im Jahre 1860 ist sein Siedlungsname „Kolbermoor“ zum ersten Mal belegt und schon drei Jahre später erfolgt der Status einer Gemeinde, wie im Staatsarchiv München (RA Fasz. 4401, Nr. 65328, 28. Aug. 1863) zu lesen ist: „1863 … wird die Trennung der Orte Aiblingerau, Pullach und Kolbermoor von der politischen Gemeinde Mietraching und deren Vereinigung in eine besondere politische Gemeinde unter der Benennung ‚Gemeinde Kolbermoor‘ … genehmigt“.

Wir zitieren hier aus dem „Lexikon bayerischer Ortsnamen“ von Wolf-Armin Freiherr von Reitzenstein. Und nicht genug: 1963 wird Kolbermoor zur Stadt erhoben und ist seitdem neben der freien Kreisstadt Rosenheim sowie Bad Aibling und Wasserburg die vierte Stadt auf dem Territorium des Landkreises Rosenheim. Als Folge der Gebietsreform hat Kolbermoor inzwischen zehn Stadtteile.

Bekanntlich gibt es aber auch in unserer Region Orte, die ein gegenteiliges Schicksal erleiden mussten und schlicht und einfach verloren gegangen sind. Hans Meixner nennt in „Die Ortsnamen der Gegend um Rosenheim“ hierzu das folgende Beispiel: „Aufgegangen in Sagberg ist Trenchenpach … heute noch als Hausname an dem Hofe haftend“. Immerhin!

Darüber hinaus gibt es Ortschaften, die in früheren Zeiten eine große amtliche und politische Rolle spielten, diese aber aus verschiedenen Gründen verloren haben. So kann man nur staunen, wie bedeutsam manch kleiner Ort einmal gewesen ist. Wenn wir gut 400 Jahre zurückgehen, finden wir für den heutigen „Altlandkreis“ Bad Aibling folgende Situation vor: Im Steuerbuch des Landgerichtes Aibling aus dem Jahre 1612 wurden, wie der Historiker Franz Andrelang schreibt, „alle Anwesen, die im landgerichtsunmittelbaren Gebiet lagen, nach Hauptmannschaften geordnet und ihrer Hofgröße nach aufgeführt“. Diese Hauptmannschaften waren jeweils einem „Amt“ zugeordnet. Der Historiker Gottfried Mayr erklärt, die Landgerichte seien „in Ämter (= Schergenämter) unterteilt“ gewesen und von sogenannten Schergen oder Gerichtsamtsleuten, die für die Verwaltung und Rechtspflege zuständig waren, geleitet worden.

Wie bei Franz Andrelang nachzulesen ist, waren etwa dem „Amt Au“ sage und schreibe 17 Hauptmannschaften zugeordnet, neben anderen Au selber, Feilnbach, Litzldorf und Wiechs. Der Rest ist bekannt: Seit 1978 gehören die ehemaligen Hauptmannschaften und späteren Gemeinden Au, Litzldorf und Wiechs dank Gebiets- und Gemeindereform zur Großgemeinde Bad Feilnbach. So schaut’s aus! Armin Höfer

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