Provokant und hintergründig

von Redaktion

Christine Lederer zeigt Ausstellung „Candy dreams“ im Kunstverein Rosenheim

Rosenheim – So oft wurde der Instagram-Account des Rosenheimer Kunstvereins noch nicht angeklickt, etwa fünfmal so viele Besuche wie üblich zählte der Vorstand nach Ankündigung der Ausstellung „Candy dreams“ von Christine Lederer. Die österreichische Kommunikationsdesignerin und Bildhauerin mit Abschluss an der Akademie der Bildenden Künste in München ist keine Unbekannte.

Sie wirkt politisch im öffentlichen Raum, störte beispielsweise 2017 eine Wahlveranstaltung der rechtsgerichteten FPÖ und engagiert sich feministisch.

Plädoyer für
Kunstfreiheit

In den Räumen der Kunstmühle zeigt sie nun zwei Serien, die sich mit den Themen Identität, Sexualität und sozialen Normen auseinandersetzen. Offenbar war das manchen Mitgliedern des Kunstvereins zu offenherzig, denn es gab anlässlich der Exposition mehrere Austritte. Wie Kunsthistorikerin Dr. Olena Balun in ihrer Begrüßung ausführte, allerdings nicht mit einem Eingeständnis eigener Prüderie, sondern mit Begründungen wie „schlechte Kunst“, was inakzeptabel und anmaßend sei. In ihrem Plädoyer für Kunstfreiheit angesichts einer Verwarnung seitens „Instagram“ hoffte sie auf Neueintritte zum Ausgleich und übergab an Kollegin Karin Pernegger, Kuratorin aus Innsbruck.

Diese übernahm mit gehörigem tirolerischem Temperament und mitreißender Verve. Sie wies auf Details im Gemälde „Das Weib, die Potenz und das Ticken des Sandes in der Uhr“ hin – Vergänglichkeit von Sexualität und erotischer Anziehung.

Dann der Sprung zum Veranstaltungsplakat, dem Grund für die Austritte – ein Foto mit einer glaskünstlerisch hergestellten Vulva an passender Stelle der Künstlerin. Das Bild sei eine bewusste Referenz Lederers an Gustave Courbets berühmtes Werk „L’origine du monde“, „der Ursprung der Welt“ aus dem Jahre 1866. „Der bewusste Bezug zu einem ikonischen Kunstwerk wird zur feministischen Geste, die den Blick auf den Körper neu definieren will“, schrieb Leonie Felle in einem Begleittext zur Ausstellung.

Kontraste
und Humor

Durch die Ausführungen Perneggers wurden die Kontraste und der hintergründige Humor der Objekte deutlich, so gab es auch einige Lacher der Gäste. Erboste Austritte mit Zurücksendung einer zerrissenen und zerknüllten Einladungskarte wertete sie als „Teil einer Gesamtperformance“. Beim Rundgang stechen vor allem die perfekt ausgeführten zartrosa Glasplastiken ins Auge, sie stellen kugelige Brüste dar oder auch hängende Busen. In ihren Zeichnungen stellt Lederer ebenfalls Körperteile dar, es geht ihr um Sinnlichkeit und Erkundungen, um psychologische Zustände. Durch die schriftlichen und mündlichen Interpretationen wird den Gästen die Intention der Künstlerin nähergebracht, interessant sind dann die inhaltlichen Bezüge zur Kunsthistorie beim Thema „Nacktheit“. Angesichts des täglichen medialen Sexismus in Castingshows oder auch in den Mode- „Reels“ kurviger „Influencerinnen“ auf Portalen wie Instagram kann man über die Aufregung letztlich nur den Kopf schütteln.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den ästhetischen und gesellschaftlichen Anliegen der Künstlerin ist da schon ergiebiger.

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