Der Jazz-Salon im Wohnzimmer

von Redaktion

Interview Birgit Eßlinger-Hirner und Martin Hirner veranstalten Konzerte daheim

Prien – Seit vielen Jahren organisiert das Ehepaar Hirner in seinem Stadel am Roseneck in Prien Jazzkonzerte. Der Architekt und die Galeristin, die unter der Woche in München leben und arbeiten und seit 2006 in Prien beheimatet sind, haben sich mit ihren Wohnzimmerkonzerten den Traum von Salonkonzerten erfüllt. Mit freier, improvisierter E- und U-Musik locken sie seit dem ersten Konzert vor über zehn Jahren ein Stammpublikum an. Ein Gespräch über das Engagement und die Leidenschaft für den Jazz.

Liebe Frau Eßlinger-Hirner und lieber Herr Hirner, wie kommt man auf die Idee, Konzerte im eigenen Wohnzimmer zu veranstalten?

Martin Hirner: Zuerst haben wir nur im vorderen Teil gewohnt, hinten war der ungenutzte Stadel. Doch als ich nach dem Tod meiner Mutter, einer ausgebildeten Pianistin, ihren Flügel erbte, musste mehr Platz her. Wenn Sie so wollen, haben wir den Stadel um den Flügel herum gebaut. Wir wohnen auch dort. Im vorderen Teil, zur Seeseite hin, sind jetzt Ferienwohnungen: Für Gäste, aber selbstverständlich auch für Familie und die Musiker. Das Haus ist denkmalgeschützt. Die Förderung, die wir beim Um- und Ausbau erfuhren, wollten wir zurückgeben, indem wir den Stadel öffnen und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen. Da kam uns der Gedanke, die Idee von Atelierkonzerten, wie es unsere Freunde Ina und Emmerich Hörmann in Zoglau in Niederbayern mit dem Raum für Musik Zoglau 3 betreiben, zu übernehmen. Und nun gibt es also seit zehn Jahren Jazz am Roseneck.

Aber ist es nicht schwer, an die Künstler heranzukommen und diese nach Prien zu locken?

Birgit Eßlinger-Hirner: Ich habe früher als Studentin in einer Jazzkneipe gejobbt und viele Jazzmusiker kennengelernt. Unser erstes Konzert war dann mit dem Modern String Quartett, die haben bei unserer Hochzeit vor 30 Jahren gespielt. Kurz darauf hat Posaunist Nils Wogram bei uns gespielt, zusammen mit dem Bassisten Henning Sieverts und dem Gitarristen Ronny Graupe. Überhaupt ist Nils Wogram mehrfach bei uns gewesen, einmal mit der Harfenistin Kathrin Pechlof und dann noch mit vielen weiteren bekannten Musikern. Nach und nach hat sich bei den Künstlern herumgesprochen, dass unser Stadel eine unglaubliche Atmosphäre und Akustik bietet und dass eben unser Hauptaugenmerk auf freiem, improvisierten Jazz liegt. Wir sprechen uns auch, soweit möglich, mit unseren Freunden in Zoglau ab, sodass sich die weite Anreise für die Musiker, die aus ganz Europa und den USA kommen, lohnt.

Sind Sie schon immer Jazz-Liebhaber gewesen?

Birgit Eßlinger-Hirner: Ja, absolut. Ihn musste ich erst überzeugen. Er kommt von der Klassik, hat früher Geige gespielt. Es hat Jahre und viele Live-Konzerte gedauert, bis ich ihn vom Jazz überzeugen konnte.

Martin Hirner: Freier Jazz bedeutet ja, nicht nach Noten zu spielen. Das bewundere ich. Und unser Publikum auch. Zu jedem Konzert kommen immer rund 50 bis 60 treue „Kunden“, aber wir hätten noch Platz für mehr. Ein Konzertbesuch zeugt von Anerkennung. Wer Konzerte besucht, zeigt ja nicht nur seine Wertschätzung für die Musik und die Musiker, sondern mehr noch seine Anerkennung der Live-Atmosphäre. Und für die Künstler sind die Zuhörer eine Quelle der Inspiration. Das ist ein Geben und Nehmen.

Sie organisieren die Konzerte und sind Gastgeber. Geht die Rechnung auf?

Martin Hirner: Ja und nein. Wie schon gesagt, wir wollen unseren Stadel öffnen. Wir haben einheitliche Ticketpreise, Unter-18-Jährige zahlen nicht einmal Eintritt. Wir möchten aber trotzdem den Künstlern gerne angemessene Gagen zahlen und dafür brauchen wir genügend Publikum. Ich wage zwar zu behaupten, dass unser wohnlich und akustisch absolut bemerkenswerte Raum gerade das ist, was die Musiker anzieht. Weniger also das Entgelt. Und doch würde ich mich freuen, wenn wir noch mehr Gästen zeigen könnten, dass Jazz für Leidenschaft steht. Und dass Jazz eine besondere Musikrichtung ist, für die man sich öffnen sollte.

Konzertam Freitag

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