„Die Herrischen ham an Hof kaft!“

von Redaktion

Christl Fitz schreibt in ihrem neuen Buch über ihre Kindheitserinnerungen auf einem Bauernhof im Oberland

Derzeit finden Kindheitserinnerungen aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren auf bayerischen Bauernhöfen immer mehr Leser. Christl Fitz, verwandt mit der bekannten Künstlerfamilie, ist eine dieser weniger werdenden Zeitzeugen. Ihr Buch „Der Duft vom Heu“ ist ein bewegendes und spannendes Dokument dieser Zeit.

In den Morgenstunden gemäht, über Mittag angetrocknet, duftet das Heu später in der Abendsonne eines heißen Julitages unvergleichlich. Diesen sinnlich-friedlichen Duft kennen tagesspäte Wanderer überall im grünen Oberbayern, das ist wie ein genussvolles Einatmen der reinen Natur. Bei Christl Fitz wirkt der Duft vom Heu auf besondere Weise und ganz unmittelbar, auch nach über 80 Jahren weckt er in ihr zahllose Kindheitserinnerungen, die dann so zuverlässig und lebendig kommen, dass die Enkel Paulinus und Aurelia als Zuhörer irgendwann sagten: „Schreib das doch mal auf, Omi!“ Das so entstandene Buch haben sie dann – eine liebenswerte Idee – als Erstleser ihrer Autoren-Oma gewidmet.

Sowohl die Autoren-Oma als auch die Enkel samt Familie leben heute noch auf dem Hofgut Heygenkam bei Miesbach, eine Landwirtschaft gibt es schon lange nicht mehr, und auch die im Untertitel genannte Köchin Betty verschwand kurz nach Kriegsende. Aus war es damit für die kleine Christl mit dem heimeligen Küchen-Hocken bei der Betty, die viel mehr war als nur die übliche Kuchlmagd, denn auch der Bauernhof gehörte nicht zu den üblichen:

„Die Herrischen ham an Hof kaft, Herrnbauern sans!“ So hieß es damals bei den alteingesessenen bäuerlichen Nachbarn, als Christls Großeltern 1927 das Hofgut kauften. Der angesehene Medizin-Professor aus München sorgte sich wegen der damals schlechten Zeiten, ließ deshalb seinen Sohn in Weihenstephan studieren – und so wurde Christls Vater, wenn auch nicht so ganz freiwillig, Bauer auf Heygenkam, Gemeinde Warngau im Landkreis Miesbach.

Die Zeiten wurden zwar kurzzeitig besser, dann aber wenig später umso schlechter. In den kargen Kriegs- und gefährlichen Nachkriegsjahren passierten in Heygenkam und drumherum schlimmste bis mörderische Dinge. Mit wehklagender Nostalgie hat es Christl Fitz aber nicht so, doch verklärt wird dabei genauso wenig. Landlebenerinnerungen müssen nicht nach Herbstmilch, dem ehemaligen Bestseller schmecken, Hauptsache sie sind authentisch, und wie bei Christl Fitz auch auf heitere Weise unterhaltsam. Ganz nebenbei ist ihr Buch auch noch informativ, denn ihr Vater führte als gelernter „Herrnbauer“ ein landwirtschaftliches Tagebuch, aus dem die Autorin immer wieder passende Ausschnitte in ihre Geschichten einbaut. Im Miesbacher Land ist Christl Fitz schon lange kein Geheimtipp mehr, in Bayern wird es sich jetzt mit ihrem neuen Buch herumsprechen, warum das so ist.

Klaus Bovers

Artikel 10 von 10