Riedering – Riedering ist seit vielen Jahren ein Ort mit großer volksmusikalischer Reputation. Wenn wir zurückblicken, dann sind uns bis heute die „alten“ Riederinger Sänger als Inbegriff eines volksmusikalischen Männergesangs als Vorbild für viele weitere Männergesangsgruppen im Gedächtnis. In ihrer unnachahmlichen Art zu Singen haben die „Riederinger“ viele Impulse gegeben.
Annette Thoma (1886-1974) hat in den 1930er-Jahren, als sich in Riedering um die jungen Männer in der Familie Staber eine Volksliedgruppe nach dem Vorbild vom Kiem Pauli (1882-1960) zu bilden begann, auch in Riedering gewohnt und war von der neuen Volksliedpflege begeistert. Auf Initiative vom Kiem Pauli gestaltete sie zum Beispiel mehrere Weihnachts- und Adventsspiele für junge Leute, natürlich mit Volksliedern. Und 1933 arrangierte sie unter Verwendung alter Volksliedweisen aus dem süddeutschen Sprachraum ihre „Deutsche Bauernmesse“, die bis heute immer wieder zur volksmusikalischen Begleitung von Gottesdiensten zu hören ist. Annette Thoma hat diese Messgestaltung für die „Riederinger Sänger“ geschrieben, erstmals gesungen zum Namenstag vom Kiem Pauli in Kreuth. Schon bald erklang sie in Großkarolinenfeld und vielen anderen Kirchen im Rosenheimer Land.
Wer war nun diese Frau Annette Thoma, die den Kiem Pauli bei dessen Volksliedpflege mit ihren journalistischen Fähigkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit unterstützte – ebenso den Fanderl Wastl, der mit ihr zusammen 1958 seine „Sänger- und Musikantenzeitung“ gründete, die viele Jahrzehnte von Frasdorf aus bis zu 11000 Leser für die Volksmusikpflege begeisterte? – Diese Frage will die Volksmusikpflege heuer anlässlich ihres 50. Todestages näher betrachten.
Die Kreisvolksmusikpflege Rosenheim und der „Förderverein Volksmusik Oberbayern“ freuen sich über Unterstüzung durch Erinnerungen, Fotos, Briefe, Noten oder Bücher, die einen Bezug zur Volksmusik und auch zu Annette Thoma haben. Die Sammlung soll rückblickend ein vielfältiges Bild von Annette Thoma ermöglichen. Der „Förderverein Volksmusik Oberbayern“ ist zu erreichen in Bruckmühl im Pfarrweg 11, Telefon 08062/8078307 mit Anrufbeantworter oder per E-Mail an ernst.schusser@ heimatpfleger.bayern. Ganz besonders auf die Mithilfe der Bevölkerung setzen die Organisatoren bei der Ausstellung in Schloss Hartmannsberg, die an den Sonntagen im April und Mai das volksmusikalische Wirken von Annette Thoma, Tobi Reiser (Salzburg) und Hans Kammerer (Burghausen) darstellen soll. Alle drei Persönlichkeiten der Volksmusikpflege der 1930er- bis 1970er-Jahre haben ganz unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt – und doch haben sie gemeinsam wichtige Impulse zum Erhalt und zur Weiterentwicklung unserer heimatlichen Volksmusik gesetzt: Thoma vor allem bei den geistlichen Liedern und als Schriftstellerin, Reiser in der Instrumentalmusik und dem neuen Adventssingen, Hauptlehrer Kammerer bei der volksmusikalischen Begeisterung der Schuljugend und in der Hausmusik. Die Ausstellung soll – wie die Volkstanzausstellung 2023 – wieder ein Treffpunkt für alle Interessenten der Volksmusik sein, auch mit musikalischen Begleitveranstaltungen, der Mitwirkung der Bevölkerung und Exponaten und Fotos aus Privatbesitz.
Schon am kommenden Mittwoch, 28. Februar um 19 Uhr gibt es einen Informationsabend im Büro des Fördervereins: In den 1930 er-Jahren hat Annette Thoma mit anderen Volksmusikanten und ihren Töchtern die deutsche Sprachinsel Gottschee im heutigen Slowenien besucht und unter anderem das Karfreitagslied „In der ganzen Stadt, da brennet kein Licht“ kennen- gelernt. Über die musikalische Volkskultur der „Gottscheberer“ haben die Organisatoren anlässlich einer Exkursion vom „Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern“ im Jahr 1996 eine Broschüre mit vielen Liedern erstellt, die die Teilnehmer dieses Abends als Geschenk mit nach Hause nehmen können. Der Eintritt ist frei – Anmeldung beim Förderverein ist unbedingt erforderlich. ernst schusser