Rosenheim – Er ist Schauspieler, Autor, Regisseur und Kabarettist, studierte Germanistik, Politologie, Philosophie und später Theaterwissenschaften: Bruno Jonas. Mit seinem neuen Soloprogramm ist er am Mittwoch, 13. März, im Kultur- und Kongresszentrum Rosenheim zu erleben. Jonas wählt dafür die Form der Rede. Er lässt sich dabei gedanklich von dem amerikanischen Schriftsteller und Journalisten Ambrose Bierce leiten, der gesagt hat: „Redekunst ist die Verschwörung von Sprache und Handeln, um den Verstand zu hintergehen.“ „Kant hat fälschlicherweise geglaubt, der Mensch müsse sich aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit befreien. Heute befinden wir uns in einer Phase, in der sich der Mensch freiwillig in die Unmündigkeit aufmacht, weil es für ihn bequemer ist und mehr Spaß bringt“, sagt Jonas.
Ist das heute so und war das vor 15 Jahren anders? Was, glauben Sie, hat die Menschen so bequem gemacht?
Ich habe den Eindruck, dass manche Menschen aufgrund der Überinformationen, die es im Internet, den Zeitungen, im Fernsehen oder den Streaming-Diensten gibt, dass dieses permanente Getrommel von sogenannten Informationen – es sind ja auch viele Fake-Informationen oder Halbwahrheiten und Unwahrheiten dazwischen – durch diese Vielzahl an Informationswellen und -tsunamis der Mensch irgendwann abschaltet und sich einfach dadurch in der Unmündigkeit wohlfühlt anstatt aktiv zu sagen: So, ich schaue mir das Thema jetzt genauer an und sortiere das, was mir da durch die Medien ins Haus flattert und in meinen Kopf hineingegeben wird. Was hat denn wirklich etwas mit meinem Leben zu tun? Was hat zum Beispiel die Frage, ob sich Harry und Megan wieder mit ihrem Vater versöhnen, mit mir zu tun? Das ist ungefähr so wichtig, wie wenn bei mir daheim das Knödlwasser kocht (lacht).
Vielleicht sind die Menschen einfach überfordert?
Nun, ich möchte da nicht jeden davon freisprechen (lacht) und als überfordert bezeichnen. Freilich, wenn viele in diesen Zeiten, die also als Zeitenwende ausgegeben wurde, schnell das Gefühl der Überforderung spüren, dann stimmt das wohl. Deswegen mache ich Kabarett, damit die Leute zu mir kommen. Ich betreue die Menschen dann in der Überforderung (zwinkert).
Das aktuelle Soloprogramm „Meine Rede“ polarisiert sicherlich. Spüren Sie heute in Zeiten der sogenannten „political correctness“ mehr Gegenwind als vor einigen Jahren, etwa bei den „Klugscheißern“ mit Monika Gruber und Rick Kavanian?
Grundsätzlich ist es ja so, dass wenn jemand Satire oder auch politisches Kabarett macht, dann kriegt er Gegenwind. Man kann es ja nicht allen recht machen, denn dann gäbe es nur Einigkeit. Und gerade deshalb, in der Art und Weise des Übertreibens und des Überzeichnens und auch des Verzerrens – das ist von Haus aus schon dazu geeignet, dass man mit seinen Äußerungen auf Leute trifft, die ganz anderer Meinung sind. Das ist aber in Ordnung, gehört es ja zum Wesen des Kabaretts. Und ich will es auch gar nicht allen recht machen (lacht). Im Grunde ist es heute schon so, dass man gern „geliked“ wird, jeder möchte nur noch angehimmelt werden, es gibt einen zunehmenden Narzissmus. Oft ist es auch gar nicht das, was jemand sagt. Es reicht dann schon das Aussehen. Und viele laufen dann immer mit dem Mainstream mit, um bloß ja immer auf der richtigen Seite stehen. Am Besten, man umgibt sich dann nur noch mit Leuten, die derselben Meinung sind. Das hat sicher zugenommen. Als Kabarettist ist man in der privilegierten Situation, dass man über alles und zu allem Stellung nehmen darf. Und gerade auch über vorgegebene Leitplanken gehen darf. Denn ich als Kabarettist lasse mich nicht auf irgendwelche ideologischen Grunddispositionen einschränken. Und klar gibt es manchmal Gegenwind oder Shitstorm, aber das hat es immer gegeben. Auch in der Zeit vor dem Internet, als ich im Fernsehen aufgetreten bin, da haben Leute wirklich boshafte, gemeine und beleidigende Briefe geschrieben.
Also gab es den Gegenwind schon immer…
Ja, aber nicht in dem Ausmaß. Durch die Ausspielmöglichkeiten in den sogenannten neuen Medien, auch Social Media genannt, die meistens asoziale Medien sind, kommt das schon gehäufter vor. Hier nutzen eben viele auch die Anonymität des Internets. Aber ich lösche so etwas sofort und befasse mich da nicht damit.
Sie sind ja nicht nur Kabarettist, sondern auch Schauspiele , Autor, haben ein Musical inszeniert und waren Autor und Festredner der Fastenpredigt beim Salvatoranstich am Nockherberg. Eine beachtliche, vielschichtige und vielseitige Karriere.
Nun, es ist immer der gleiche Beruf, nur von verschiedenen Seiten angegangen. Ein Kabarettist schreibt sich seine Texte selbst, inszeniert sich selbst, stellt sich selbst auf die Bühne, ist Schauspieler und Sänger, wenn er Musik einbaut. Und das in einer Person. Von daher habe ich Ausflüge gemacht ins Musical, ins Theater oder zum Film. Anfangs sang ich in der Landesbühne Niederbayern als Schüler bereits in Operetten und Opern mit. Mir hat das schon immer großen Spaß gemacht. Aber ich sehe mich tatsächlich nicht als Schauspieler – im Kern meines Daseins bin ich doch schon der Kabarettist.
Ist es wirklich so als Kabarettist, dass man selbst seine Texte schreibt, selbst Regie führt? Oder steht da ein Team dahinter?
Ich mache alles selbst. Wobei meine Frau meine größte Kritikerin ist, die mir dann schon sagt, wenn ich etwas weglassen soll. Meine Familie ist da zum Glück sehr ehrlich, wenn ihnen etwas nicht gefällt – aber auch, wenn sie etwas toll finden. Für mich ist das immer sehr wichtig.
Und was ist nun Ihr ganz persönliches Erfolgsrezept? Was macht einen Bruno Jonas über so viele Jahre so erfolgreich? Verraten Sie unseren Lesern Ihr Geheimnis?
Das ist eine schwierige Frage. Erst einmal bin ich unglaublich dankbar für mein Talent, das ich geschenkt bekam. Dann, wenn man gemerkt hat, was man kann, sollte man sein Talent fördern. Das ist anfangs natürlich eher ein Herantasten, man probiert viel aus und man scheitert auch. Ich glaube, dass der Erfolg schon mit dem Scheitern korreliert. Damals vor 50 Jahren war ich oftmals verzweifelt, weil etwas nicht funktionierte. Als ich dann vor fünf, sieben oder auch mal 20 Leuten spielte, hab ich schnell gemerkt, was ist gut und was sollte ich eher lassen. Dann entwickelt man sich weiter, schreibt Dinge neu und lernt sich selbst kennen. Und man muss auch immer bereit sein, eigene Erfahrungen mit sich selbst zu machen. Mit der Erfahrung, der Routine, kommt die Sicherheit und man lernt wiederum, wie man zum Beispiel die Spannung ins Publikum bringt. Dann findet man sich irgendwann selbst als Bühnenfigur wieder. Als Kabarettist – und das ist dann doch ein Unterschied zum Schauspieler – agiere ich mit dem Publikum, ich nehme es ernst und nehme auch Zwischenrufe wahr. Ich kann dann darauf reagieren.
In Ihren Soloprogrammen oder auch den Büchern geht es oft um gesellschaftspolitische Themen. Wie ist das für Sie privat? Treiben manche Themen Ihren Blutdruck hoch?
Ja, das ist es alles – aufregend. Da ist dann sicher aber auch ganz viel Psychohygiene mit dabei, wenn man Ärger oder Aufregung einfach ventilieren kann und sich da Luft machen kann. Ich mache es eher so, dass ich mich anregen lasse von Dingen. Der Anstoß, der mich dann inspiriert, das Thema in meine Show mit aufzunehmen, kann aus ganz verschiedenen Richtungen kommen. Das kann der Freundeskreis sein oder die Öffentlichkeit, wo ich selbst merke, hey, da bin ich unzufrieden. Und diesen Zustand der Unzufriedenheit kann ich dann wiederum künstlerisch formen. Du musst dann eine eigene Ästhetik dafür finden und dann kannst du es dem Publikum präsentieren. Die reine direkte Aufregung ist sozusagen die Vorstufe zum Kabarett.
Interview: Susanne Grun