Frühlingserwachen im Rosenheimer Künstlerhof

von Redaktion

Matinée mit dem Pianisten Thomas Schuch und dem Geiger Lorenz Chen widmet sich Beethoven und Grieg

Rosenheim – Eigentlich wollte Thomas Schuch mit Katharina Schmidt diese Matinée gemeinsam bespielen, aber das interessante Projekt einer Adaption von Prokofieffs Oper „Krieg und Frieden“ in einer Fassung für Violoncello und Klavier kam krankheitsbedingt nicht zum Zug. Und so zauberte Thomas Schuch als Ersatz den jungen Geiger Lorenz Chen aus dem Hut und statt „Love Stories against war“ hieß das Motto nun „An den Frühling“.

Alice Guinet, die Vorsitzende des Südostbayerischen Tonkünstlerverbands, konnte eine zahlreiche Zuhörerschar begrüßen und wünschte ein „schönes Konzert“. Ihr Wunsch ging in Erfüllung, denn man merkte schnell, dass aus der Not eine Tugend gemacht wurde und der eingesprungene Lorenz Chen nur organisatorisch als Ersatz gelten konnte. Er entpuppte sich flugs als Haupt- und Staatsaktion!

Es folgte eine Stunde Frühlingserwachen mit Ludwig van Beethovens Violinsonate Nr. 5 in F-Dur und Edward Griegs Sonate Nr. 3 in c-Moll, zwei Werke, deren Entstehungszeit 85 Jahre trennen, die sich aber gerade in ihrer stilistischen Gegensätzlichkeit spannungsvoll ergänzen. Beethovens Opus ist bekannt als „Frühlingssonate“, aber dieser Titel stammt ebenso wenig vom Meister selbst wie die populäre „Mondscheinsonate“. Sei’s drum, ihre Frische lässt in uns tatsächlich den Lenz erblühen, ohne dass die Musik idyllisch oder gar zur Programmmusik würde. Ein Kabinettstück sondergleichen das Scherzo: In aberwitzig rasanten synkopischen Verschiebungen zwischen Geige und Klavier jagt die Musik atemlos dem Ziel entgegen.

Den mit allen musikalischen Wassern gewaschenen Lorenz Chen fochten die kompositorischen Turbulenzen wenig an. Ruhig und überlegt, mit genauestem Kalkül und doch mit lockerer Flexibilität meisterte er auch die Frühlingsstürme von Edvard Grieg, ohne jedoch im Geringsten auf die poetischen Momente zu verzichten. Auch das Publikum geriet in Fahrt, denn eben die wunderbar ausmusizierte Poesie, die sich trotz Blitz und Donnergetöse nie ganz verflüchtigte, und die immer strahlende Präsenz des Solisten schlug die Zuhörer in Bann – der Kontakt zwischen Podium und Parkett war glänzend hergestellt.

Thomas Schuch war nicht nur zuverlässiger und erfahrener Begleiter am Klavier, sondern ebenbürtiger Duopartner, der Impulse gab, aber auch aufnahm und das ausführliche Solo zu Beginn des zweiten Satzes von Griegs Sonate mit intensivem, blühendem Leben füllte. Gerade diesen Satz mit der romantisch pointierten Bezeichnung „Allegretto espressivo alla Romanza“ wünschte sich das „demokratisch“ befragte Publikum als Zugabe. So kulminierte die Matinée in einem makellos leuchtenden Flageolett-Ton der Geige in schwindelnder Höhe. Walther Prokop

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