Rosenheim – Derzeit häufen sich die hochklassigen Jazzauftritte in Rosenheim. Vor Kurzem noch internationaler Bebop im „Pirate“, dann das Valentin-Preißler-Quartett in der Stadtbibliothek. Der Mix aus verschiedenen Stilrichtungen und Generationen belegt die Vielfalt und Dynamik der Szene. Jetzt gab sich die herausragende, aus der Mongolei stammende Pianistin Shuteen Erdenebaatar die Ehre.
Erst vor fünf Jahren kam sie nach München und studierte Jazzkomposition und -piano. Jetzt ist sie 25 Jahre alt, hat einige Preise gewonnen und kam mit ebenfalls sowohl jungen als auch bestens angesehenen Mitmusikern ins volle „Le Pirate“. Als „leidenschaftlich, poetisch und atemberaubend virtuos“ bezeichnete der NDR ihr Album „Rising Sun“, und das Quartett bewies dies auch live. Ihr ursprünglich klassisches Studium merkte man der jugendlich wirkenden Virtuosin an, sie entwickelte Linien hoher Dramatik und flocht im Stück „In a time warp“ ein atemberaubendes Solo ein.
Dazu das Spiel von Anton Mangold auf dem Sopransaxofon, ein einziger heißer Höhenflug des in Würzburg ausgebildeten Multiinstrumentalisten, der ursprünglich als Harfenist konzertierte. Eingängige Balladen und komplexere Kompositionen mit vielen klanglichen Überraschungen im rasanten Up-Tempo prägten den Auftritt, den Erdenebaatar sympathisch moderierte.
Wer ebenfalls brillierte, war Bassist Nils Kugelmann, der in der Vorwoche noch mit Valentin Preißler gastierte, jetzt lieferte er sich mit einem weiteren „Valentin“ spannende und witzige Zwiegespräche. Der hieß Valentin Renner, spielte seine Rolle als Drummer bei den Duo-Improvisationen fein akzentuiert und hoch kreativ („an answer from a distant hill“). „Rising Sun“ basierte auf einem mongolischen Volkslied, „Saudade“ war eine melancholische Reminiszenz an Portugal, an Sehnsucht und ans Reisen. Die Band kredenzte einen kreativen, weltumspannenden Sound, näher an Jazzrichtungen aus Skandinavien als an der Tradition.
In „Ups and downs“ zog die Band noch mal alle Register, drehte ungeheuer auf mit tollen Soli von Piano und Sopransax, eine Nummer mit solcher Dynamik hört man selten. Das enthusiastische Publikum revanchierte sich mit Applaus-Stürmen und erhielt noch mehrere Zugaben als endgültigen Abschluss des phänomenalen Auftritts. Andreas Friedrich