Zwölf buchstäbliche Leichen im Keller

von Redaktion

Die Laienbühne Rimsting produziert Lachstürme mit „Arsen und Spitzenhäubchen“

Rimsting – Der Geist von Brooklyn ist friedlich: Der blutrot bespannte Salon in der Villa der Brewster-Schwestern ist heimelig, der Pastor wird von den Schwestern mit Keksen und Quittenmarmelade gefüttert, der smarte Neffe Mortimer, Theaterkritiker von Beruf, wird des Pastors Töchterlein Elaine heiraten – wenn da nicht gleich der andere Neffe Teddy mit gezücktem Säbel und „Attacke!“-Gebrüll die Treppe hinaufstürmen würde, wenn nicht im Hintergrund die Karaffe mit dem vergifteten Holunderwein („Arsen… und eine Prise Zyankali!“) lauern würde – und wenn nicht im Keller, den Teddy für den Panama-Kanal hält, zwölf Leichen lägen. So beginnt „Arsen und Spitzenhäubchen“ von Joseph Kesselring, eine der schwarzhumorigsten Boulevard-Komödien überhaupt.

Unverwüstliche
Groteske

Die spielt jetzt die „Laienbühne Rimsting“ im Gemeindesaal, und mit dieser unverwüstlichen Groteske ist der Laienbühne mit ihrem Regisseur Raimund Feichtner eine ihrer besten Aufführungen gelungen. Da stimmt alles: das Bühnenbild (Franz Feichtner, Rita Aß) mit dem so behaglichen Salon samt nach oben führender Treppe, einer Truhe, die so groß ist, dass eine Leiche Platz hat, mit einem echt amerikanischen Vertikal-Schiebefenster und mit funktionierender Beleuchtung, die mittels eines antiken Drehschalters an- und ausgeknipst wird.

Die Kleidung ist fein abgestimmt: die Schwestern in ältlichen Perücken statt Spitzenhäubchen und in eleganten Oma-Gewändern, auch in feierlichem Schwarz für die Trauerfeier für die Leichen, Mortimer im Ausgehanzug, Elaine im schicken Kostüm, die Nebenfiguren mit viel Karo im Sakko. Und auch die Maske (Albert Lachner, Rita Aß, Sylvia Habl) stimmt: Dr. Einstein zeigt ein fahrig-verhuschtes Gesicht und der dritte Neffe Jonathan, der Mörder-Bösewicht, kommt mit einem Frankenstein-Gesicht, in dem die Operationsnarben noch frisch leuchten.

Die Boulevardkomödien-Maschinerie läuft wie geölt, die Gags zünden, die Dialoge greifen perfekt ineinander, die Situationskomik wird witzig ausgespielt, sodass die drei Stunden wie im Flug vergehen. Allenfalls der turbulente zweite Akt hätte noch schneller, hektischer, überdrehter gespielt werden können. Das wird sich in den nächsten Aufführungen noch einspielen.

Vor allem stimmt die Besetzung: Köstlich-süß in ihrer liebenswerten Schrulligkeit und naiven Mörderlust sind die Schwestern: Maria Seidl und Regina Feichtner. Immer neues fassungsloses Entsetzen malt sich im Gesicht von Mortimer (hervorragend in seiner hektischen Betriebsamkeit: Thomas Feichtner), virtuos spielt Georg Kofler als Teddy, der sich für Teddy Roosevelt hält und im Keller den Panama-Kanal aushebt, mit Idiotie und Realität, genüsslich glänzt Wolfgang Schlemer als zwölffacher Mörder mit stoischem Frankenstein-Monstergesicht, dazwischen wieselt Andreas Feichtner als dauer-Whisky-trinkender und dauer-besänftigender Dr. Einstein herum (er könnte vielleicht noch beduselter wirken), hübsch, kess und liebes-energisch ist Veronika Kunsler als Elaine, alert und besonders eifrig ist Matthias Feichtner als der Polizist O’Hara, der stundenlang dem gefesselten Mortimer den von ihm verfassten Theaterkrimi erzählt.

Figuren sorgfältig
gezeichnet

Jede Figur hat ihren eigenen Tonfall, selbst die Nebenfiguren wie der ein Zimmer suchende Mr. Gibbs (sehr gut schnarrend: Albert Lachner) und der forsche Lieutenant Rooney (anders schnarrend: Franz Feichtner) sowie Mr. Witherspoon, als Sanatoriums-Direktor quasi der Deus ex machina (besonnen: Andreas Wörndl), der – vielleicht? – das letzte Opfer wird: Karten kaufen, hingehen und ausgiebig lachen!

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