Auf der Suche nach innerer und äußerer Heimat

von Redaktion

In Bernau spüren zwei Künstlerinnen existenziellen Fragen nach – Letzte Ausstellung der Galerie Marah-Art

Bernau – Was ist Heimat? Oder vielmehr: Wo ist Heimat? Viele Künstler, Filmemacher und Poeten haben sich mit diesen Fragen beschäftigt. Nicht zu vergessen die unzähligen Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben worden sind und sich neu orientieren müssen.

Seit den 1990er setzt sich Nicola Heim mit dem Thema Heimat immer wieder neu auseinander – und findet dazu inspirierende künstlerische Antworten. Für die letzte Ausstellung vor der Schließung der Bernauer Galerie von Marah Strohmeyer-Haider – Marah-Art – hat sich die gebürtige Pforzheimerin mit ihrer Künstlerkollegin Annabelle Wimmer-Bakic zusammengetan. Noch bis 4. April treten dort die Werke der beiden Impulsgeberinnen in einen intensiven Dialog.

Das Schicksal massivster alliierter Bombardements und Zerstörungen traf im Zweiten Weltkrieg auch die Stadt Pforzheim. „Das hat natürlich Spuren hinterlassen und auch mich und meinen Begriff von Heimat geprägt“, erzählt Nicola Heim. Das MBA-Studium und der Beruf als Beraterin für internationale Markenstrategie großer Unternehmen hat sie in die weite Welt geführt. Südafrika, Russland, Japan und die Schweiz waren Stationen. Immer wieder stellte sich dabei für Heim die Frage, „wo fühlen wir uns innerlich und äußerlich zu Hause“.

Ihr berufliches Interesse für Psychologie und die Konditionierung von Menschen lenkten ihr Interesse auch immer stärker auf die Frage nach der Rolle der Frau in patriarchalen Gesellschaften sowie der Verknüpfung von Mutterschaft und Natur als Ausdruck lebendiger Schöpferkraft. Speziell nach dem Umzug in den Chiemgau 2013 wuchs das Interesse an der künstlerischen Auslotung gesellschaftlicher Fragestellungen zur Beheimatung des Menschen, der tief reichenden Wechselwirkung zwischen dem Mensch und Prozessen der Natur oder dem Bild der Frau und eigenen Identitäten. In ihre oft collagenhaft angelegten Arbeiten bezieht Heim die Fotografie, Zeichnung, Malerei, Fundstücke aus der Natur, Lyrik-Elemente und Schriftstücke – sei es aus Gedichtbänden, Journalen oder Büchern – mit ein. Große Leinwände lässt sie mitunter monatelang im Freien stehen, sodass die Jahreszeiten, Wind, Regen und Schnee darauf ihre Spuren hinterlassen. Alterungsprozesse werden sichtbar.

Tusche, Farblinien, Punkte und Zeichen auf ihren großformatigen Gemälden zeigen rätselhafte Spuren, die künstlerische Fährtenleser auf interessante Assoziationen und Gedanken bringen können. Was ist Heimat? Aus der Anfangsfrage ergeben sich für Heim immer neue Fragen auf der Suche nach der wahren Bestimmung des Menschen: Kann man Heimat kaufen? Braucht Heimat Vergangenheit? Ist Heimat Sprache? Es geht um die falsche Glorifizierung von Heimat oder den Zusammenhang zwischen dem Missbrauch von Frauen und der Zerstörung von Heimat und Natur.

Hier trifft sie sich mit ihrer Freundin und Künstler-Kollegin Annabelle Wimmer-Bakic. Beide lernten sich über die Kinder kennen. Ein Nahtoderlebnis bei der Geburt und Reisen mit einem Schamanen durch Grönland prägten ihre Sicht auf das Erleben unterschiedlicher Realitäten. Als studierte Kunsthistorikerin, Germanistin und Archäologin erwuchs das Interesse an verbindenden Entwicklungslinien, Themen und der psychologischen Dynamik menschlichen Kulturausdrucks. Ihre Arbeiten zeichnen sich durch Klarheit und Reduzierung auf das Wesentliche aus.

„Home is healing“ etwa ist ein Gemeinschaftswerk mit einer Doppelbotschaft. Die Heilkraft der Bienen und ihrer Produkte ist legendär. Wimmer-Bakic zeigt uns einen Bienenstock mit davor verstreuten Propoliskörnern, den von Bienen produzierten Kittharz. An der Wand hängt ein Bild mit Heilbotschaften verschiedener Menschen, die sorgsam unter einem durchsichtigen Gazestoff verborgen sind. Der darauf in Gold geschriebene Schriftzug „Erkenne dich selbst“ verweist auf das Orakel in Delphi, ein heiliger Raum. Zugleich verweist er auch auf die Aufgabe des Menschen, Verantwortung zu übernehmen. Für sich und das Wohl des Planeten.

axel effner

Bis 4. April

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