Rosenheim – Bisher ging es in den Ausstellungen im Rosenheimer Lokschuppen vorwiegend um große Ökosysteme, alte Kulturen oder Erdzeitalter, meist bildlastig und griffig. Daher sei Mulo Francel, Komponist und Bandleader der Formation „Quadro Nuevo“, im Vorgespräch zunächst etwas ratlos gewesen angesichts des gesellschaftlich-philosophischen Themas „Heldinnen und Helden“.
Viele passende
Stücke im Repertoire
Im Gespräch mit ihm auf der Bühne des Kultur- und Kongresszentrums verriet denn auch Lokschuppen-Leiterin Dr. Jennifer Morscheiser ihre Motivation, gespeist aus dem Motiv „Helden und Heldinnen des Alltags“ aus der Corona-Zeit und zum anderen mit Blick auf mögliche attraktive Exponate und innovative Möglichkeiten einer solchen Ausstellung.
Deutschlands erfolgreichste Weltmusikband arbeitete sich intensiv ein, entdeckte freilich im eigenen Repertoire viele passende Stücke und bescherte dem vollen Haus einen tollen Konzertabend. Mal hintergründig und nachdenklich, mal schelmisch beleuchtete das Quintett viele Aspekte des enorm vielfältigen Themas.
Zunächst der Blick auf die persönlichen Vorbilder: Die aktuelle Brasilienreise mit Bildern von Jesus- und Maria-Statuen wurde eingeblendet, nach einem Exkurs zu Johann Sebastian Bach dann die lebenslustige Oma von Mulo Francel. Musikalisch pfiffig und warmherzig vollzog die Band ihre Italienreisen mit der Vespa nach bei schmunzelndem Publikum.
Wie weit das Spektrum der „persönlichen Helden“ sein kann, zeigte sich bei einem Fotostreifzug mit Bildern von Anne Frank über Albrecht Dürer bis hin zum „Isarindianer“ Willy Michl. Tom Wagner als Lokschuppen-Mitarbeiter steuerte eine Komposition bei, rhythmisch-knackig umgesetzt zu Bildern von „Avataren“ aus der Ausstellung. Bassist D.D. Lowka und Mulo Francel waren Schüler am Finsterwalder-Gymnasium, wo inzwischen das Projekt „Schule ohne Rassismus“ läuft, in dem sich die Schülerinnen Luise, Annalena und Vesarta engagieren. Mit großem Applaus bedacht wurde ihre Lesung der Schiller-Ballade „Der Handschuh“ mit aktuellen Bezügen.
Die Band warf das Publikum hin und her zwischen ernsten Aspekten und Slapstick wie einem Musikfilm mit der Band als Fußballer anlässlich des 7:1 gegen Brasilien, eine Komposition von Gitarrist Paulo Morello.
Nach der Pause gab es keine Wortbeiträge mehr, sondern einfach nur ein hochklassiges Musikprogramm. Eine Tangodarbietung war eine Hommage an den großen Astor Piazzolla – ebenfalls großes instrumentales Kino!
Eigenkompositionen von Chris Gall
Dann schlug die Stunde für Pianist Chris Gall. Aus dem ruhig angelegten Stück „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ mit Bezug zu dem von den Nazis ermordeten Theologen Dietrich Bonhoeffer entwickelte er behutsam eine Eigenkomposition. „Yorkes Guitar“ mit seinem eingängigen Motiv erklang als Solo, dann im Verbund mit der Band – ein wunderbares Stück mit als Dauerbrenner und Premium-Ohrwurm, ebenso wie die „Reise nach Batumi“ von Mulo Francel, enorm treibend und als Reminiszenz an den antiken Helden Jason ein weiterer Höhepunkt des vielschichtigen und hoch unterhaltsamen Konzerts.