„Oiso, bei der Erklärung von Guggenbichl“, sagt Manfred Schaulies, der ehrenamtliche Archivar des Historischen Vereins Bad Aibling, mit einem vielsagenden Lächeln, „geh i ned konform“. Was brachte den Gelehrten, selbst Autor einer grundlegenden Studie über die Ortschaft Vagen, zu dieser seiner Skepsis?
In der letzten Folge dieser Serie war neben anderen Bichl-Namen Guggenbichl erörtert worden. So hieß es dort zur Erklärung von Guggenbichl bei Rimsting: Dieser Ortsname leite sich nicht etwa von gucken oder kucken her, sondern laut einer Studie des Neubeurer Ortsnamenforschers Dr. Josef Bernrieder (1922 bis 2006), wie folgt: „Da es im Oberdeutschen das Verb ‚gucken‘ nicht gibt, stammt der Name doch wohl von ‚Kuckuck‘. Der Siedlungsname geht auf die Flurbezeichnung einer Anhöhe zurück, auf der Kuckucke, bairisch ‚Guckn‘, nisteten“. Bernrieder erklärt konsequenterweise auch Guggenbichl bei Rohrdorf auf dieselbe Art und Weise, nämlich mit dem Kuckuck als Namensgeber.
Auf das Risiko hin, wonach Manfred Schaulies ein „zum Kuckuck mit dem Guggitzer!“ entfahren könnte, zitieren wir zusätzlich aus Dr. Bernrieders Studie zum Weiler Guggenau, der oberhalb von Nußdorf am Inn liegt: „Eine sehr junge Niederlassung, die eigentlich ein Geländename ist. Bedeutung: Wasserreiches Wiesenland, wo Guggen (Guggitzer), Kuckucke, nisten“. Wir setzen noch eins drauf: In einer Veröffentlichung des Rosenheimer Ortsnamenforschers Professor Karl Finsterwalder zum Südtiroler Flurnamen Guggenberg aus dem Jahre 1938 steht: „Von mittelhochdeutsch gugge Kuckuck“.
Also keine Chance fürs Verbum gucken oder für den Ausguck? Ganz sicherlich nicht bei Josef Bernrieder, der ja auf das im Oberdeutschen, zu dem das Bairische und Alemannische gehören, fehlende „gucken“ verweist. Aber was steht denn da im „Duden – Herkunftswörterbuch“? Die Überraschung ist perfekt. Dort heißt es: „gucken oberd., mitteld., kucken nordd. (umgangssprachlich für): ‚schauen‘. Die Herkunft des seit dem 13. Jahrhundert bezeugten Verbs (mittelhochdeutsch gucken, gücken) ist unklar. Vielleicht stammt das Wort aus der Kindersprache (…)“.
Und auch im „Schmeller“ („Bayerisches Wörterbuch“) gibt es einen Eintrag „gugken, gugkezen, gughen“. Also: Gucken ist sehr wohl ein oberdeutsches Wort!
Aber ist der Kuckuck nun heraußen in unseren Gugg-Namen? Hans Meixner stand in „Die Ortsnamen der Gegend um Rosenheim“ bei Guggenbichl erkennbar vor einem Dilemma: „(…) Hans Buck S. 80 stellt Guggenberg zu Kuckuck. Doch wohl eher Bezeichnung für einen aussichtsreichen Ort, von dem man ins Land ‚hinausguckt‘ (oder Personenname Guggo?)“. Für diese dritte Variante plädiert Ernst Förstemann in „Altdeutsches Namenbuch“: Und tatsächlich: Die altdeutschen Formen Guggen-/Guggin weisen auf den Genitiv eines Namens Guggo hin. So ist es keine Überraschung, wenn Hans Meixner Guggenau bei Kiefersfelden zum Personennamen Gugg stellt, zumal das Salbuch des Schlosses und der Herrschaft Auerburg von 1478, so Meixner, einen Peter Gugk nennt. Also: „Guggenau: Wasserreiches Land des Guggo“. Aber jetzt die Aufgabe für den Archivar Schaulies: Was bedeutet der Personenname Guggo?
armin höfer