Ein Liebhaber der kurzen Form

von Redaktion

Der Sprach- und Klangkünstler Erwin Rehling mit „Ois ned glong“ in der Werkstatt in Rimsting

Rimsting – Dass Erwin Rehling die kurze Form schätzt, bewies der Sprach- und Klangkünstler in der Werkstatt in Rimsting mit „Ois ned glong.“ Musikalische Kleinodien mit verschiedensten Percussionsinstrumenten, dazu kurze Texte, allesamt wundersam verdichtet und bildmächtig. Beobachtungen über das Leben auf dem Land früher. Mal schwärmt er von seiner Grundschullehrerin, der Frau Andorf („Frau Lehrerin, Frau Lehrerin, dürfen wir Ihnen die Tasche tragen?“), dann erzählt er von seiner Oma und seinem Opa, schweift ab zum Fußballspielen auf dem Feld und zählt Abzählreime („Rennfahrer Bieberle…“) auf. Verklärende Bilder taten sich da auf vom Kartoffelacker, vom Saufüttern in der Früh, vom „Jugendzentrum im Hennastoi“ und dem Skispringen („mit Schnappbindung“). Dann berichtet er von einem Freund, der sich vor der Musterung mit Tollkirsch-Marmelade drückte („was rauskommen ist,
woaß i nimma“), dann macht er seinem Publikum den Mund wässrig, als er von der Ellmaier Maria und ihrem Wirtshaus erzählt, wo man noch nachts um halb zwölf Schnitzel „rausbacha“ bekommen hat.

Wundersame Geschichten taten sich da auf, leicht ironisch, hinterfotzig und doch zutiefst menschlich. Bedächtig, trocken vorgetragen, das erinnert an Karl Valentin. Drumherum die eigenwilligen musikalischen Einlagen: Erwin Rehling bedient mal das Schlagzeug, dann lässt er in einem Tamburin kreisende Murmeln eine Melodie singen, dann zeigt er sein Können am Glockenspiel, am Balafon (ein Xylophon aus Ghana) und am selbst gebastelten Lithophon (trapezförmige Klangplatten aus Fliesen). Selbst Kuhglocken werden bei ihm zum Glockenspiel. Seine musikalischen, virtuos dargebotenen Miniaturen sind quasi Ouvertüre zur Geschichte.

Passend zum knappen, resoluten Schlagzeug-Solo folgt die Aussage: „Mei Oma, die war a resolute.“ Und gleich nach der Geschichte „s‘ Loch“ – er hat beobachtet, wie der Nachbarsjunge im Herbst anfing, ein Loch im Garten zu graben. Aber auf einmal war Schluss, „über‘n Winter tat sich nichts.“ Irgendwann kam raus: Der Junge wollte einen Stollen graben, um sich einige Äpfel aus dem Keller der Erwin-Oma zu holen – zählt er „oans, zwoa, drei“ und schon erklingen die Fliesen des Lithophons. Schelmisch, sympathisch-widerspenstig, neue Volksmusik, gepaart mit Erzählungen auf Bairisch. Danke an den Verein Bühnenkunst Förderer, die das Klangbuch zu „Ois ned glong“ (Mandelbaum Verlag) finanziell mit unterstützt, und die nun Erwin Rehling nach Rimsting eingeladen haben.

Glücklich also, wer den 70-jährigen Künstler, der in der Gegend um Wasserburg geboren und aufgewachsen ist, live erleben konnte. Mit seinem Soloprogramm „Ois ned glong“ – untermalt mit Musik und Worten – egal ob wahr oder vielleicht doch „glong“ – gelingt ihm das dank sprunghafter, kurzer Form perfekt. Elisabeth Kirchner

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