Unbekanntes „Stabat mater“ als überraschendes Hauptwerk

von Redaktion

Passionskonzert in der Rosenheimer Christkönigkirche mit einem üppigen barocken Programm

Rosenheim – Michael Anderl, Kirchenmusiker an der Christkönigkirche, hatte es gut gemeint und für das Passionskonzert am Palmsonntag ein üppiges barockes Programm aufgeboten – ein bisschen zu üppig, sodass der Spannungsbogen überspannt war. Er hatte anscheinend alles gesammelt, was für Gesang und begleitende Geige aufzufinden war. Simon Steinkühler spielte gleich mehrere Streichinstrumente: eine Barockvioline, eine vielsaitige Viola d’Amore für die achte der Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber, oft von ihm gespielt und routiniert dargeboten, sowie ein Violoncello da spalla, also ein kleineres Cello zum Umhängen, mit einem erstaunlich kräftigen Ton.

Das gebrauchte er für zwei Duette aus den Concerti ecclesiastici von Giovanni Paolo Cima (um 1575 bis 1630), gesungen von der Sopranistin Eva Maria Amann (hier etwas überdramatisch) und dem Bassbariton Bonko Karadjov (gediegen), vor allem aber beim überraschenden Hauptwerk, dem „Stabat mater“ von Giovanni Felice Sances (1600 bis 1679).

Dieses ziemlich unbekannte „Stabat mater“ ist eine gewaltige Passacaglia mit einem ständig wiederholten chromatisch absteigenden Thema im Cello, der barocken Affektenlehre gemäß Schmerz symbolisierend. Darüber singt der Sopran den Text meist rein syllabisch, das heißt eine Note auf eine Textsilbe, nur einige Worte werden melismatisch ausgeziert, das heißt: mehrere Töne auf eine Silbe.

Eva Maria Amann, die vorher ihren Sopran bei zwei deutschen Arien von Georg Friedrich Händel so aufgedreht hatte, dass ein kleines Mädchen sich die Ohren zuhielt, führte hier ihren so weittragenden und aufstrahlenden Sopran sehr gezügelt, zielgerichtet und textgerecht. In Bachs Matthäuspassion gibt es mehrere Arien, die von einer Solo-Violine begleitet werden, meist für Bass, und eine Alt-Arie – die hier von der Sopranistin adaptiert wurde, was wirklich nicht nötig gewesen wäre. Steinkühler spielte recht virtuos, im Nachspiel geradezu nachsinnend die begleitende Violine.

Bonko Karadjov sang die Arie „Gerne will ich mich bequemen“ etwas zu getragen, „Gebt mir meinen Jesum wieder“ mit Schwung, „Mache dich, mein Herze rein“ etwas neutral. Die kurze Bach-Kantate „Der Friede sei mit mir“, BWV 158, bot nach der Passion den österlichen Auferstehungs-Ausblick. Karadjov gestaltete die Arie und die ariosen Rezitative rhetorisch ausdrucksvoll, Steinkühler sekundierte sehr spielfreudig, Michael Anderl begleitete unermüdlich auf seinem Portativ alles. RAINER W. JANKA

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