Erl – Mit Robert Schumanns „Manfred Ouvertüre“ op. 115 eröffnete das Orchester der Tiroler Festspiele im Festspielhaus Erl einen packenden Konzertabend. Johannes Debus dirigierte den großen Klangkörper mit souveräner Eleganz und Präzision. Das Porträt des an sich selbst leidenden faustischen Helden nach Lord Byrons dramatischem Gedicht brachte das Orchester klangmächtig und kraftvoll zu Gehör. Die weichen, geschmeidigen Streicher kontrastierten effektvoll zu romantischen Bläserpassagen. Eine starke Wirkung entfaltete das Hauptthema, in dem die Oboe eine melodische Klage anstimmte.
Höhepunkt des Abends war das Klavierkonzert Nr. 1 in e-Moll op. 11 von Frédéric Chopin. Pianist Lukas Geniusas hätte dieses Klangwunder gar nicht perfekter spielen können. Ganz der Musik hingegeben, ohne Sentimentalität, aber mit einer traumwandlerischen Sicherheit, einer Leichtigkeit und spielerischen Akkuratesse, entlockte der Pianist seinem Instrument eine Fülle des Wohllauts. Geglückt war die harmonische Balance zwischen Solist und Orchester, das im ersten Satz die drei verschiedenen Themen vorstellte. Geniusas spielte völlig unprätentiös, die Töne klangen klar, hell und silbern. Höchste Virtuosität verband sich mit Zartheit und Sensibilität.
Eine wunderbare Kantabilität verströmte der Pianist im Andante. Geniusas schien förmlich mit seinem Instrument zu verschmelzen. Von Streichern und Bläsern umschmeichelt, brachte er das Klavier fast zum Singen, bis der Satz ganz leise und still endete.
Tänzerisch lebhaft und voller farbiger Folkloristik erklang das Rondo-Vivace. In diesem Satz gelang es dem Pianisten mit virtuoser Eleganz, das Publikum bis zum dramatischen Finale zu bannen und zu verzaubern. Nach dem anhaltenden Beifall streichelte Geniusas behutsam das Klavier, indem er als Zugabe das melodisch-melancholische Stück „Alt-Wien“ von Leopold Godowsky spielte.
Mit fesselnder Ausdruckskraft, Beschwingtheit und frühlingshafter Frische interpretierte das Orchester, von Debus klar und konzentriert geführt, nach der Pause passend zur Jahreszeit Schumanns „Frühlingssymphonie“ Nr. 1 B-Dur op. 38. Nach der effektvollen Blechbläserfanfare entwickelt sich der erste Satz zu einem romantischen Bild voller Unruhe und Dissonanzen. Mitreißende Rhythmik kontrastierte zu von den Klarinetten sanft intonierten idyllischen Lyrismen.
Fein und durchsichtig erklang das Larghetto, das durch Celli und Oboe einen weit gespannten melodischen Zauber hervorrief. Nach den zwei Trios und der stimmungsvoll dahinhuschenden Coda im Scherzo wirkte das Finale heiter und unbeschwert. Schön klangen die Holzbläser im balladenhaften Seitenthema. Ein zweifacher Hörnerruf und helle Flötenfigurationen unterbrachen nur kurz die Dynamik des Finales, das energisch endete. Lang anhaltender Beifall im gut besuchten Festspielhaus beendete einen bravourösen Konzertabend. georg füchtner