Rosenheim – Berührend, aber auch unfeierlich humorvoll war die Feier zum 80. Geburtstag für den Regisseur Toni Müller in dem Pflegeheim in Schechen, in dem er lebt. Dabei überreichte ihm das Redaktionsteam (Alois Gartner, Claudia Grosse, Hendrik Heuser, Alfons Röckl – der auch das Coverbild lieferte) ein ihm gewidmetes Buch mit dem Titel „…immer dieses Theater“, genannt das „Tonibuch“, in dem Toni Müllers grundlegendes Wirken für das Rosenheimer Theaterleben gewürdigt wird und in dem 45 Menschen, denen das lokale Theater und Toni Müller am Herzen liegen, persönliche Erinnerungen aufgeschrieben haben. Darunter sind Kulturkritiker und Kulturreferenten, vor allem aber Schauspieler, die unter und mit ihm gearbeitet haben und von denen 19 am Ende aufgezählt werden, die mit Theater professionell Geld verdient haben, an einer Schauspielschule waren oder ein Theater geleitet haben.
Mit Schillers „Räuber“ in der Schule Aising hat alles 1982 angefangen, mit dem „Theater am Markt“ ging’s weiter über „Müllers Wandertheater“ bis zur „Theaterinsel“ – am Ende waren es bis zum Jahre 2019 stolze 142 Aufführungen in und um Rosenheim, die im Buch aufgelistet sind: alle Sparten, ob Tragödie, Komödie, Schwank, Boulevardstück oder Oper, von Sophokles „Antigone“ bis „Charleys Tante“ von Brandon Thomas, von Shakespeares „Sommernachtstraum“ bis zu Handkes „Publikumsbeschimpfung“, von Cocteaus „Die geliebte Stimme“ bis zu Hofmannsthals „Rosenkavalier“.
Vier Interviews gibt’s in dem Buch, in einem, geführt von Hendrik Heuser, erklärt Toni Müller, was den Reiz seines Berufes ausmacht: „Dinge, die ich sagen möchte, selbst aber nicht sagen kann, in der liebevollen Unterordnung unter einen Autor, der das ausspricht, was ich sagen will, bildhaft zu machen. Lebendigkeit kommt in die Bilder durch das Austragen von Konflikten, die in unserer Gesellschaft unterdrückt werden und auf der Bühne in ungewohnter Lebhaftigkeit dargestellt werden.“
„Ungewohnte Lebhaftigkeit“ passt auf alle Inszenierungen von Toni Müller – aber auch das „Austragen von Konflikten“ gehörte immer dazu, wie viele der Autoren sagen. Am genausten und auch ausführlichsten schildert es Gabriela Schmidt. Sie spricht von Toni Müller als einer sehr temperamentvollen, charismatischen Persönlichkeit, die gesprüht habe vor Energie – die aber auch extrem anstrengend gewesen sei. Legendär sind Müllers cholerische Wutausbrüche. Aber immer wieder schildern die Autoren, die oft aus lieblosen Elternhäusern kamen, dass Müller ihnen mit dem Theater eine liebevolle und angstfreie Heimat gegeben habe. Vor allem das Führen von Menschen sei Müllers ihm eigene Genialität gewesen: „Er kann Menschen wahnsinnig gut lesen“, schreibt Fabian Behr, er sei ein „Menschenentwickler“, meint Martin Mayr. „Das Spielen unter seiner Regie war eine völlig neue Art, das Leben zu erleben“, schwärmt Felix Auer und Andreas Reichert fasst es zusammen: „Man kann sich über ihn aufregen, ihm aus dem Weg gehen, aber man kann ihn nie vergessen.“ Gabriela Schmidt übertitelt ihren Beitrag bündig: „Mein Lehrmeister fürs Leben.“
Verkauft wird das Buch für 15 Euro in Rosenheim in der Buchhandlung Beer, Heilig-Geist-Straße 2b, in der Theaterinsel in der Chiemseestraße 8, im Tam-Ost, Chiemseestraße 32 sowie in Bad Endorf in der Buchhandlung Panorama, Bahnhofstraße 21A.RAINER W. JANKA