Wenn zwei Boogie-Ladys richtig Dampf machen

von Redaktion

Cili Marsall aus Ungarn und Katharina Alber aus Innsbruck geben gemeinsames Konzert auf der Staudacher Musikbühne

Staudach – Kaum vorstellbar, allenfalls musikalisch. Passiert ist das allerdings an diesem Abend, sogar vierhändig an ein und demselben Piano, dem Soloinstrument für alle denkbaren Boogie- und Blues-Varianten. Schauplatz: die legendäre Staudacher Musikbühne im Gasthof Mühlwinkel.

Zwei der ohnehin seltenen Boogie-Pianistinnen brachten das Kunststück fertig: Cili Marsall aus Ungarn, aber in Wien lebend, und Katharina Alber aus Innsbruck, als Boogie-Kathi seit Jahren eine Szene-Größe. Die beiden Männer von der Rhythmus-Fraktion waren Peter Müller am Schlagzeug und Karol Hodas am Bass. Beide sind ebenfalls aus Österreich und überließen mit viel hörbarem Spaß den zwei Ladys die Star-Rolle des Abends.

Nun ist der Boogie von Haus aus die zur Musik gewordene Lebensfreude, doch wenn dann noch zwei weibliche Stars gemeinsam und ganz ohne Vorbehalte Dampf machen, dann hat das seine Wirkung. So wie die listige Einladung des Veranstalters Alex Welte zur „Boogie Lady Show“. Als Folge sah man auffällig viele Frauen im Publikum, junge und nicht mehr ganz junge, sogar eine Zwölfjährige (mit Mama), die nur Augen und Ohren hatte für die zwei da oben auf der Bühne.

Und wie es bei guten Konzerten sein soll, hat die Transmission zwischen Bühne und Publikum schon nach dem ersten Stück funktioniert, mit ehrlich begeistertem Applaus, nicht nur von den Frauen. Die Kathi machte den Anfang mit Klassikern wie „Honky Tonk Train Blues“, „Sheik of Araby“, aber auch mit selbst Komponiertem, und bei „One scotch, one bourbon, one beer“ zeigte sie, dass sie auch eine klasse, leicht rauchige Stimme hat. Noch vor der Pause bat sie ihre „Konkurrentin“(?), nein, ihre Star-Komplizin, auf die Bühne, die brillante Cili Marsall aus Wien.

Beide Ladys spielten den Boogie-Woogie mit Hingabe, aber jede eben doch einen Tick anders. Das zu erlauschen hatte seinen Reiz, bewerten sollte man Unterschiede an einem solchen Abend ohnehin nicht. Die Kathi hat es von ihrem Opa, sagt sie, Artur Rogger hieß der und war als Pianist eine Legende der frühen Tiroler Jazzszene. Mit den Noten hat sie es nicht so, auch das sagt sie, doch ihr perfektes Spiel hat den Drive und stampfenden Rhythmus, der an die Entstehungszeit des Boogies erinnert, als der Sound der Southern-Pacific-Dampfloks – so sagen es die Kenner – die Musik der afroamerikanischen Eisenbahnarbeiter prägte. Kathi fährt quasi auf festen Geleisen, die Cili kennt sich zusätzlich mit Weichen aus, über die man auch mal die Richtung wechseln kann. Dass sie Jazz-Gene hat, zeigte sie mit ihren Klarinetten-Soli am Ende des Abends.

Vorher entstand aber noch richtig Volldampf bei den Ladys, als sie sich spontan entschlossen, das E-Piano vierhändig zu traktieren. Das Publikum war begeistert und die Rhythmus-Fraktion ebenso, Peter Müller hörte gar nicht mehr auf zu feixen und Karol Hodas entlockte seinem Bass kleine helle Bravour-Soli auf den kurzen Saiten. So also hört es sich an, wenn Wien und Tirol und ein Chiemgauer Publikum zusammenklingen: ein Boogie-Fest, das erst gegen 23 Uhr nach einigen Zugaben zu Ende ist.

Klaus Bovers

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