Prien – „Hope“ heißt die neueste CD des Jason-Seizer-Quartetts und genau solch eine positive Stimmung vermittelten die vier Musiker auch beim Jazzabend im Priener Salon 21. „Music of hope“ war hierbei gleichzusetzen mit feinsinniger Melancholie und Aufbruchsstimmung, mit lyrisch schwebenden Interpretationen, ohne allzu gefällig zu wirken, mit Wohlfühlmomenten samt kultiviert-eigenwilligen und doch berührenden Interpretationen.
Tenorsaxofonist Jason Seizer hatte schon in seiner Begrüßung zu einer musikalischen Entdeckungsreise eingeladen und auf eine solche durfte sich das zahlreich erschienene Publikum im wahrsten Sinne des Wortes begeben. Der übermannsgroße Seemannskoffer (um im Reisebild zu bleiben), den das Quartett dabei hatte, bot einen wahren Schatz an musikalischen Motiven. Vertraute Melodien aus dem Disney-Film „Dschungelbuch“ und dem Antikriegs-Film „The Deer Hunter“ („Die durch die Hölle gehen“) erzeugten Bilder im Kopf – neu interpretiert, eigenständig und gerade deshalb mit faszinierender Reminiszenz. Von „Cinema Paradiso“ ging es weiter zu Literatur: „Die Korrekturen“, angelehnt an Jonathan Franzens Buch, erinnerten mit ihrem Schwung an Matt Biancos New Jazz. Heiter wurde es bei „Matilda“, Jason Seizers Enkelin gewidmet, swing-mäßig bei „A candle for Kannleinsberger“ (ein gleichnamiger Schwabinger Fotoladen, der nicht mehr existiert). Melancholisch stimmte die Hommage an den verstorbenen Musikerfreund Walter Lang.
Eine Verbeugung vor dem Jazz des 20. Jahrhunderts, vor den großen amerikanischen Vorbildern wie John Coltrane, Miles Davis oder Larry Golding – „Sketches“ überzeugte mit dezenter Würze und rhythmischem Pep – durfte da natürlich nicht fehlen. Für kreative Spannung sorgte die unaufdringliche Lust aufs Improvisieren und auf Rhythmus, der an Tönen reiche Erfahrungsschatz und die unmittelbare Nähe zwischen Musiker und Publikum. Sein Tenorsaxofon nutzte Jason Seizer wie einen Pinsel: Von träumerisch-sanft über rau und heiser hin zu geschmeidig, vorwärtsdrängend und zupackend reichte die aufregende Farbenvielfalt.
Fabian Arends leistete am Schlagzeug schier Unglaubliches – nie laut und vordergründig, sondern immer feingliedrig, behände und subtil – großartig. Pablo Held am Flügel setzte mal feine, intime Akkorde oder ließ mit perlenden Läufen den Zuhörern Wohlfühlschauer über den Rücken rieseln.
Jonas Westergaard am Kontrabass war mal Richtungsweiser (hier ein paar Blues-Akkorde, dort avantgardistisch anmutende Läufe Richtung Free Jazz) und mal feinsinniger Begleiter, wie es sich für ein echtes Basso continuo in der klassischen Musik geziemt. Der ehemalige Stadel, rund um einen Flügel zum großzügigen Wohnraum ausgebaut, bot für die musikalische Reise genau das richtige Ambiente: alte Holzbalken und fein austarierte Klangerkundungen durch melancholisches Terrain. Ein Triptychon expressiver Bilder an der Wand und expressive musikalische Höhenflüge, die durch den Stadel schwebten. „Music of Hope“ stand hier mehr noch für ein harmonisches Zusammenspiel mit eigenständigem Leben, mit frei improvisierten zeitlichen Räumen – eine Entdeckungsreise mit Musik voller Hoffnung.
Elisabeth Kirchner