Rosenheim – Eine filigrane und geschmackvolle Phrasierung, verknüpft mit einer überragenden Technik und einer authentischen Stilistik, das sind Eigenschaften, die den US-amerikanischen Jazz-Trompeter Joe Magnarelli auszeichnen. Wiederholt war er kürzlich im Jazz-Club Le Pirate zu hören, diesmal als Mitglied im Quartett des New Yorker Pianisten Mark Sherman, zusammen mit dem Schweizer Bassisten Stephan Kurmann und dem österreichischen Schlagzeuger Bernd Reiter, ebenfalls ein Musiker, der mit dem „Le Pirate“ eng verbunden ist.
Kompositionen
von Mark Sherman
Diese Starbesetzung interpretierte von Anfang an energiegeladen und auf höchstem Niveau mit sichtlicher Spielfreude und Virtuosität vor allem Kompositionen Mark Shermans. Ausnahmen bildeten der Jazzklassiker „All The Things You Are“, das Eröffnungsstück, und Cedar Waltons lässig swingender Hardbop „Bremond‘s Blues“.
Shermans Stücke überzeugten durch ihre harmonische und melodische Raffinesse sowie durch eine rhythmische Vielgestaltigkeit. So waren sowohl vitale Hardbop-Nummern wie „Miles In Front“ als auch cool federnde Stücke wie „With Freedom“, eine Mischung aus Bossa und Gospel, zu hören.
Facettenreich wie seine Kompositionen war auch Shermans Improvisationskunst. Die gestochen klare Phrasierung bei den einzelnen Tönen und Läufen ließ erkennen, dass er auch als Schlagzeuger und Vibrafonist aktiv ist. Dazu kamen spannungsgeladene Akkorde und Motiv-Variationen. Neben Sherman stand Joe Magnarelli solistisch im Vordergrund. Souverän blies er ungewöhnliche Linien auch bei schnellen Stücken und setzte sein Instrument in hohen Lagen gezielt wirkungsvoll ein. Traumwandlerisch bewegte er sich durch labyrinthische Akkordstrukturen und ließ es nicht an Anspielungen und Zitaten fehlen.
Auch Magnarellis lyrische Seite kam zum Klingen, als er auf dem Flügelhorn in dem Jazz-Walzer „Thankfull“ melancholische Chorusse spielte.
Bodenständig und mit Dynamik zupfte Stephan Kurmann seine Walking-Linien und Ostinato-Figuren und trat auch solistisch überzeugend hervor. Zusammen mit Bernd Reiter schuf er eine solide Basis und einen intensiven Drive. Reiter, der alle Register der Schlagzeugkunst beherrscht, variierte sein Spiel zwischen dezenter Besenbegleitung und powervollem Einsatz der Sticks. Oft führte er trommelnd mit den anderen Solisten einfallsreiche Dialoge.
Musik
im Höchsttempo
Frenetischer Beifall kam nach seinem ausgedehnten Sologewitter im Stück „Uplifting“, dessen Thema nach einer romantischen Piano-Einleitung mit soften Latin-Rhythmen begann und zu einer rasend schnellen Hardbop-Nummer gesteigert wurde. Zum Finale gab es mit Shermans ebenfalls in Höchstgeschwindigkeit gespielter Komposition „Bop Contest“ eine virtuose Verbeugung vor Dizzy und Bird, den Erfindern des Modern Jazz, sowie die wunderschöne Ballade „I’ll Wait And Pray“ aus dem Repertoire John Coltranes als lyrisch ausklingende Zugabe.