Stephanskirchen – Immer stehen Dirigenten, die das Mozart-Requiem aufführen wollen, vor der Frage: Welches Werk passt noch dazu, um die richtige Konzertlänge zu erreichen? Felix Spreng hat mit dem Liederkranz Rohrdorf in der Kirche St. Georg in Schloßberg eine passende Lösung gefunden – auch wenn dies eine Thema-Doppelung mit sich führt: Er wählte Mozarts „Grabmusik“ KV 42. Mozart hat diese kleine geistliche Kantate wohl für ein Heiliges Grab in einer Salzburger Kirche geschrieben. Sie besteht aus drei Rezitativen, zwei Arien, einem Duett und einem Schlusschor und zeigt, wie firm der damals Elfjährige in der barocken Affektenlehre war.
Lautmalerisch lässt er mit vielen Tremoli, auffahrenden Tonleitern und dramatischen Gegensätzen Felsen spalten und Donner brüllen und des Heilands Wunden betrachten. Das Orchester malte all dies hörbar nach, vor allem auch mit den schöntönenden Hörnern, der Bassist Niklas Mallmann wandte all seine kirchenfüllende Kraft auf, die Sopranistin Johanna Weiß führte ihren mädchenhaft hellen Sopran ins Feld.
Die läutenden Kirchenglocken leiteten darauf zum Requiem über. Spreng wählte stets forsche und fordernde Tempi, achtete erfolgreich auf chorische innere Spannung, Dynamik und Dramatik und ließ mit genauen, animierenden und teilweise eleganten Dirigiergesten alles stetig fließen – nur das Benedictus hätte, als einen kleinen lyrischen Ruhepunkt, eine ruhigeres und damit inniger klingendes Tempo vertragen können. Der – etwas verstärkte – sehr gut einstudierte Rohrdorfer Liederkranz sang stimmstark, immer voller Energie und innerer Anteilnahme, ja Freude, trotz der Grabes-Atmosphäre. Vor allem in den Männerstimmen kamen die Einsätze punktgenau-markig, der Chortenor leuchtete immer wieder heraus, der Bass war machtvoll, der Alt solide hörbar und der – bisweilen detonierende – Sopran blieb immer achtunggebietend lichtvoll.
Das Orchester antwortete bereitwillig auf die Gesten des Dirigenten, die Holzbläser, vor allem die beiden Bassetthörner, verströmten weiche Wärme, das Blech klang schneidig-strahlend bis drohend – aber die Posaune im „Tuba mirum“ blieb, auch nach dem Einsatz des Basssolisten, dauerdrohend. Im „Dies irae“ heizte Felix Spreng allen ordentlich ein, die Pauke donnerte rollend, die Geigen züngelten im „Confutatis“ wie das Höllenfeuer und seufzten dann vorschriftsmäßig im „Lacrimosa“. Das „Sanctus“ kam gerade im Chor wie himmelstürmend und ergoss sich gleichsam ins folgende schnelle „Hosianna“.
Alle Solisten sangen äußerst textbewusst, harmonierten im „Recordare“ gut miteinander und achteten überhaupt aufeinander. Der Bass blieb machtvoll, der Sopran wurde zusehends beziehungsweise zuhörends weicher, die Altistin Anna Fichtl fügte sich wohlig ein ins Quartett, Anselm Sibig brachte mit seinem durchdringend-hellen Tenor eine fast angstvoll-erregte Spannung hinein.
Die Kirchenglocken beendeten dieses sehr stimmungsvolle Konzert, bevor der nicht enden wollende herzliche Applaus samt Bravo-Rufen losbrach. Wer diese effektvolle und affektreiche Aufführung nicht erlebt hat, kann dies am Sonntag, 12. Mai, um 19.30 Uhr in der Pfarrkirche St. Jakob in Rohrdorf nachholen.
RAINER W. JANKA