Bad Endorf – Immer erfrischend ist es, wenn junge Musiker altbekannte Werke spielen, weil sie diese als ganz neu erleben – und damit wir Zuhörer auch. Bei den Bad Endorfer Orgelwochen traten nun sieben Mozarteum-Studenten auf und erfreuten mit ihrer unbekümmerten und doch konzentrierten Freude die Zuhörer in der Jakobuskirche. Die applaudierten am Schluss so langanhaltend, dass die Musiker, weil sie gar nicht mit einer Zugabe gerechnet hatten, den letzten Satz aus dem Orgelkonzert wiederholten, mit dem sie begonnen hatten.
Dieses Orgelkonzert mit Streichern op. 26 Nr. 4 stammt von Michel Corette (1707 bis 1795), der nicht oft auf Konzertprogrammen auftaucht. Er war Organist am jesuitischen Grand Collège in Paris und später Organist des Herzogs von Angoulême und hat neben vielen Kompositionen auch viele Lehrwerke verfasst. Vorantreibend frisch und festlich glitzernd, vor allem aber sehr souverän spielte Stephanie Fournier dieses Konzert an der Truhenorgel im Chorraum, die sechs Streicher dabei immer fest im Blick, die mit forschem Strich Orchesterglanz produzierten. Im zweiten volksmusikähnlichen Satz, der mittendrin nach Moll moduliert, ergaben sich aparte Klangreize, der Schlusssatz kam sehr schwungvoll-tänzerisch, die Streicher waren auch beim melodischen Zupfen hochkonzentriert.
Für Bachs Präludium und Fuge in C-Dur BWV 547 begab sich Stephanie Fournier zur Sandtner-Orgel auf die Empore. Sorgfältig disponierte sie das in ausschwingendem Neun-Achtel-Takt gehaltene Präludium und ließ das C-Dur festlich aufstrahlen. Die dichtgebaute Fuge nahm sie in bedächtig-achtsamem Tempo, sodass man Bachs differenzierte Fugentechnik gut verfolgen konnte und die über 50 Fugeneinsätze fast mitzählen konnte bis zum gestauten Ende mit dem langen Orgelpunkt – nur den Schlussakkord hätte sie etwas länger triumphal aushalten können, auch wenn der nur ein Achtel dauert.
Die Streicher alleine ließen sogar ein so abgespieltes Werk wie die Holberg-Suite von Edvard Grieg neu aussehen, so energisch-gespannt, so jugendlich feurig, so geschmackvoll-fein und so unmittelbar-musikantisch spielten sie, dabei vorbildlich aufeinander hörend und sehend. Vor allem die Cellistin Janka Porkoláb agierte sehr aufmerksam, war sich ihrer wichtigen Rolle als grundierende Bassstimme bewusst, drängte sich aber nie vor, ließ dafür einen ausnehmend schönen Ton hören, wenn sie eine solistischere Stelle hatte.
Spätromantisch klingt die Suite op. 19/1 für Violine, Viola und Streichorchester des schwedischen Komponisten Kurt Atterberg (1887 bis 1971). Laura Sophia Hummel (Geige) und der aus Kolbermoor stammende Marinus Kreidt (Viola) ließen die anfangs schwerblütige Musik schwelgerisch aufblühen, sich getragen verströmen und den letzten Satz verträumt tanzen.
Ein einziger Genuss war dann das Violin-Doppelkonzert in d-Moll BWV 1043 von Johann Sebastian Bach. Hier waren Jonathan Zipperle und der aus Rosenheim stammende Norman Spaeth die Solisten. Mit zupackendem Tutti-Schwung (die Geigerin Livia Unternährer muss hier noch genannt werden) und feinen dynamischen Nuancen der Solisten begann’s, mit Tempo und Temperament endete es, dazwischen breiteten alle die melodischen Schönheiten des Mittelsatzes aus, mit drängenden Crescendis und süßer, doch nie süßlicher Innerlichkeit.RAINER W. JANKA