Auf einem Teppich aus Klängen

von Redaktion

Elisabeth Trautwein-Heymann über ihren Vater Werner Richard Heymann – Benefizgala

Rosenheim – „Sie kennen mich nicht, aber Sie haben schon viel von mir gehört“, sagte Werner Richard Heymann im Rundfunk, als er 1951 aus dem Exil in Hollywood nach Deutschland zurückkehrte und am Klavier seine Lieder anspielte: „Ein Freund, ein guter Freund“, „Das ist die Liebe der Matrosen“, oder „Irgendwo auf der Welt“. Seine Musik ist zeitlos, sie wird weltweit noch immer gespielt und seine Lieder werden bis heute gesungen. Heymanns 1952 geborene Tochter Elisabeth Trautwein-Heymann wird anwesend sein, wenn die Musiker unter anderem die Lieder ihres Vaters präsentieren, die auch heute noch durch ihren Wortwitz aber auch durch Melancholie und Tiefgründigkeit glänzen.

Warum ist die Musik Ihres Vaters so zeitlos und so aktuell?

Die Musik meines Vaters verkörpert die Sehnsucht nach Frieden, Glück, Liebe und Freiheit, und diese Werte sind seit Menschengedenken fast die wichtigsten für die Menschen. Für mich persönlich ist es so, dass ich mich, wenn ich seine Lieder höre, ihm ganz nah und stets verbunden fühle.

Nach so vielen Jahren ist Ihr Vater also immer allgegenwärtig für Sie? Eine schöne Vorstellung…

Ich bin mit der Musik meines Vaters aufgewachsen. Solange er lebte, gab es kaum einen Tag, an dem nicht bei uns live Musik erklang. Er war damit wie die Zentralsonne meiner Kindheit. Vieles aus diesen kostbaren Jahren mit meinem Vater ist mir klar in Erinnerung, ich habe das Geschenk eines guten Gedächtnisses, wohl, weil Papi zu Hause arbeitete und kein Tag wie der andere war. Und ich wollte mir alles merken. Mein Vater starb, als ich acht Jahre alt war. Ich fühlte, ich muss mir alles merken, dann kann es mir nicht mehr genommen werden. Und heute erzähle ich diese Geschichten und habe sie aufgeschrieben.

Können Sie eine davon erzählen?

Natürlich! Mein Vater kam nach 18 Jahren im Exil aus Hollywood wieder zurück nach Deutschland und er musste beobachten, dass ein paar Unsitten – wie er meinte – aus den Staaten ins damals noch biedere Europa herüberschwappten. Und so sollte ich auf Kaugummikauen und Coca-Cola verzichten, er sprach regelrecht ein Verbot aus. Das Kaugummikauen verstand ich überhaupt nicht, er meinte, es wirkte absolut dümmlich, wenn man wie wiederkäuend durch die Gegend lief. Ich fand es lässig und aufregend, es fiel mir aber leicht, in seiner Gegenwart darauf zu verzichten. Das Coca-Cola-Verbot verstand ich schon eher, die Kohlensäure, der viele Zucker und die aufputschende Wirkung. Als ich aber einmal auf einem Kindergeburtstag eines älteren Kindes eingeladen war, reizte es mich allerdings sehr, dieses hippe Getränk zu probieren. Und so stibitzte ich mir eine Flasche und leerte sie mit einem Strohhalm. Geschmeckt hat es mir nicht, aber ich kam mir ungemein erwachsen vor. Das Ganze hatte eine derartige Bedeutung für mich, dass ich es zu Hause – trotz Verbots – meinem Vater unbedingt erzählen musste. „Papi, erlaubst du mir, Coca-Cola getrunken zu haben?“ kürzte ich ab. Und es geschah etwas Außergewöhnliches: Statt zu schimpfen, wirbelte mein Vater mich herum und sagte: „Für diesen Satz darfst du Coca-Cola getrunken haben!“ Ich war gerade einmal sechs Jahre alt und das glücklichste Kind. Oder der verweigerte Handschlag: Ich war ein wirklich wohl erzogenes Kind und wusste, dass man sich zur Begrüßung die Hand gab. Mein Vater nahm mich einmal auf eine große Münchener Gesellschaft mit. Ein Mann kam auf ihn zu, sprach ihn an und streckte die Hand zur Begrüßung aus. Mein Vater antwortete ihm zwar, aber die Hand des Mannes ergriff er nicht. Ich war verwirrt und empfand das als wirklich unhöflich! Ich fragte ihn später danach und er antwortete: „Das war ein wirklich übler Nazi.“ Er erklärte mir, dass es auch Menschen gab, die Schlimmes gesagt und getan hatten. So begannen meine Lektionen in deutscher Geschichte.

Benefiz-Gala mit „The Munich Harmonists“

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