Musikalischer Ruf nach Frieden

von Redaktion

Beglückendes Konzerterlebnis in der Pfarrkirche St. Lambert

Seeon – Ein laues Lüftchen kräuselt die Wasseroberfläche des Seeoner Sees. Leise bewegt sich das junge Schilf am Ufer. Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes, durch den die Menschen neue Kraft und Mut schöpfen sollen – innerliche Leere kann durch göttliche Liebe angereichert werden.

Auch Musik kann Menschen erfüllen, wissen die Sänger der Chorgemeinschaft Seeon. Jedes Jahr zieht das festliche Pfingstkonzert Musikliebende in die Seeoner Pfarrkirche St. Lambert, wo die Chorgemeinschaft Seeon unter der Leitung von Andrea Wittmann ausgesuchte Perlen der Kirchenmusik zur Aufführung bringt.

Nach wochenlanger Probenarbeit wurde heuer die „Missa in honorem sanctae Ursulae“ von Johann Michael Haydn, dem jüngeren Bruder Joseph Haydns, zur Aufführung gebracht. Zusammen mit dem Jugendorchester Capella Cantabile, den Solotrompetern Andreas Gergely Gerhardt und Rudi Matjasz (Deutsche Oper Berlin), Franz Mitterreiter (Orgel), Helmut Wittmann (Pauken) und den Solisten Zsofia Szabo (Sopran), Astrid Monika Hofer (Alt), Benjamin Grund (Tenor) und Daniel Hinterberger (Bass) geriet die „Chiemsee-Messe“ MH 546 in der vorzüglichen Akustik der Kirche St. Lambert zum klangprächtigen Konzerterlebnis.

In der prachtvollen Kirche sitzend, fühlten sich die Besucher bald von einnehmenden Orgel- und Trompetenklängen (Petronio Franceschinis Sonata in D) begrüßt, sodass es ein Leichtes war, den einfühlsamen Begrüßungsworten von Dekan Dr. Florian Schomers nachzukommen: eine Stunde den geistlichen Atem zu spüren – und so auch die positive Kraft der Musik wirken zu lassen.

Dazu passte auch das zweite Werk von Fritz Benker (*1928) „Öffne mich, Heiliger Geist“, das der Chor in Orgelbegleitung von Franz Mitterreiter mit inniglichem Ausdruck darbot.

Bevor Haydns Musik die volle Aufmerksamkeit bekam, sollte auch Mozart gebührenden Anteil im Konzertprogramm bekommen – wenn auch nur ein vierminütiges Werk: Das „Veni Sancte Spiritus“, KV 47 schrieb Mozart mit großer klanglicher Pracht, die von Bläsern und Pauke verstärkt wird. Im Anschluss daran genossen die Zuhörer mit der „Chiemsee-Messe“ eines der gelungensten Werke Johann Michael Haydns. Die Messe schrieb er zum Namenstag einer Klosterfrau des Klosters Frauenwörth – daher der Name: Ursula Anna Josepha Oswald war eine Bürgerliche. Aufgrund ihrer musikalischen Fertigkeiten wurde sie in dieses Stift, das sonst adeligen Frauen vorbehalten war, aufgenommen. Ganze 40 Minuten höchste Konzentration – eine wirklich beachtliche Leistung von Dirigentin und Musikern – zogen die Zuhörer in einen klanggewordenen Jubel der Messe.

Das Kyrie begann mit einem reizenden Sopransolo, das Gloria ist beseelt von alternierenden Soli-Paarungen der Frauen und der Männer und fand in einer mitreißenden Chor-Fuge seinen Höhepunkt – eine beglückende Homogenität von Stimmen kam da zum Wirken. Im Zentrum des Credos steht ein berührender, von Violinen umspielter Viergesang der Solisten, das „Et incarnatus est“. Aus dem Sanctus und dem Benedictus lässt sich der Bezug zu Mozart herausahnen. Zum Schluss, im Agnus Dei, bitten die kräftigen und wunderbar in den Stimmlagen ausgewogenen Chorstimmen um das, was sich wohl in diesen Zeiten die ganze Welt wünscht: Frieden – „Dona nobis pacem“ (zu Deutsch: Gib‘ uns Frieden). Mit dieser Aufführung ist man ihm, ganz unbestritten, ein Stück nähergekommen.

Beim Verlassen des wunderschönen Sakralraums wiegt das Schilf am Seeufer unbeirrt weiter im Seewasser. Trotzdem hat sich etwas verändert. Die Kraft der Musik kann so viel bewirken, auch Frieden im Menschen stiften.

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