Grassau – Musikkabarett heißt die Schublade, in die Programm-Macher Leute wie Michael Krebs gerne stecken. Bei seinem Auftritt in der Villa Sawallisch machte es sich die Stiftung als Veranstalter aber nicht so einfach. Songwriter stand im Programmheft, was zwar gut passt, doch mit seiner spontanen Lust am Improvisieren hat er wenig Konkurrenz. Freilich ist Michael Krebs auch Kabarettist, im Lauf des Abends nennt er sich selbst sogar mal Humorist oder auch Comedian, was bestimmt nicht falsch ist, aber eben doch viel zu wenig preisgibt von dem, was er zu bieten hat. Der Abend zeigt es: Michael Krebs passt in keine Schublade, was heute im Zeitalter der Informationsblasen nur ein Kompliment sein kann.
Munterer Sprung
auf die Bühne
Sein 20-jähriges Jubiläum ist Anlass der Tournee und der muntere Sprung auf die Bühne im goldglitzernden Anzug lässt zunächst Schräges vermuten. Einen Hotelbar-Pianisten hat keiner erwartet, doch genau den stellte Krebs dem Publikum vor, als erzählten und passend verkleideten Rückblick aus seinem Musikerleben. Sechs Jahre hat er diesen Exoten-Job gemacht, ein ironischer Blick auf die Mitmenschen und sich selbst war die Folge – und dank Musikstudiums kommt eine lustvolle Beherrschung der Tasten hinzu. „Der kann’s!“ oder „Der Bösendorfer freut sich!“ – so und ähnlich gehen die geraunten Kommentare im Publikum, das für seinen Ü-50-Durchschnitt erstaunlich jung reagiert und applaudiert.
Seine mitreißenden Songs boten launige Einblicke ins Leben als Mensch, manchmal alltäglich vertraut und auch mal völlig absurd, doch immer mit diesem schwäbischen Charme unterlegt, der von ferne an Harald Schmid erinnert, aber ohne dessen Bissigkeit auskommt. Ausgenommen beim Song über sein Heimat-Kaff Neukupfer bei Schwäbisch Hall, da kannte er kein Erbarmen. Beim Gast in der Hotelbar, der bei ihm „für Elise“ bestellt und dann doch Claydermans „Adeline“ meint, ist er wieder nachsichtig und führt vor, wie man musikalisch beide Ohrwürmer erfolgreich mixt. Auch der Rat des Piano-Kollegen aus den Hamburger „Vier Jahreszeiten“ – bloß keinen Rhythmus, der stört nur – wird gekonnt ernst genommen. Das Sawallisch-Publikum kennt sich musikalisch aus und quittiert die Vorführung mit dem Gelächter von Eingeweihten. Zwischendurch nimmt er noch den deutschen Hip-Hop, Helene Fischer und die Musicals ganz allgemein aufs Korn und erst nach der Pause wird es dann ein wenig ernster.
Richtig
schön absurd
Doch bevor er sich als Kabarettist der Aktualität zuwendet – Absurditäten der Politik, epidemischer Egoismus allenthalben und gefährliche Wahlmüdigkeit – wird’s mit dem jazzigen Song von der süchtigen Wollsammlerin (gemeint sind Fusseln im Bauchnabel!) noch einmal richtig schön absurd. Da hat er sein Bar-Pianisten-Jacket abgelegt und spielt nur noch mit aufgekrempelten Hemdsärmeln, erzählt musikalisch wie es seinerzeit beim Metal-Festival in Wacken zuging und einen neuen Song als „Trostlied“ hat er auch noch, der Titel: „Es wird alles noch schlimmer!“ Das glaubt ihm das begeisterte Publikum am Ende überhaupt nicht, wofür sich Michael Krebs ehrlich bewegt bedankt und mit Blick auf den Veranstalter meint: „Krass, dieses Krassau!“