Grassau – Meisterlich brillant präsentierten die 18 jungen, internationalen Akademisten der Hermann-Levi-Akademie des Bayerischen Staatsorchesters die instrumentale Vielfältigkeit der klassischen Musik mit musikalischen Grüßen aus aller Welt.
Mit Fanny Hensels Streichquartett in Es-Dur, einem Meisterwerk in vorwiegend ernstem Tonfall, ging es bei der Matinee in der Villa Sawallisch in Grassau los. Mana Ohashi (Geige) und David Moosmann (Geige), Elisabeth Buchner (Viola) und Barna Károly (Violoncello) boten transparent und ausdrucksstark die Fülle der brillanten melodischen und harmonischen Ideen dar. Besonders die mitreißend melancholische Romanze geriet zum faszinierenden Hör-Erlebnis.
Miguel del Aguilars (geb. 1957) Bläserquintett Nr. 2 war ein Potpourri an Klängen und Farbvielfalt mit bildhaften Titeln: „Under the Earth“ stand für düstere-geheimnisvolle Melodien. Während Hansen Liu (Klarinette), Beili Ouyang (Horn) und Frederik Gamberger (Fagott) vorne auf der Bühne die Unterwelt farbig illustrierten, fungierten Flöte (Ginestra Spadari) und Oboe (Jeonghun Heo) als Erdgeister im hinteren Teil des Raumes. Wahrhaft fordernd auch die anderen Sätze: Mal wurde gesummt, mal diente das Horn als Schlagwerk, mal entlockte die Flöte ihrem Instrument gurrende Laute. Da erklang Jazz, dann wähnte man sich im Orient und lud da nicht eine Melodie zum Mitwiegen ein?
Frigyes Hidas (1928 bis 2007) Triga für Blechbläser Trio, eine „südbayerische Uraufführung“, wie Jürgen Key (Der Es-Klarinettist im Bayerischen Staatsorchester ist einer der Dozenten an der Hermann-Levi-Akademie und moderierte das Konzert) verriet, ist nicht minder auf Sound-Effekte aus. Mit sauberem Ansatz präsentierten Fanni Szalai (Trompete), Beiji Ouyang (Horn) und Anselm Schmieg (Posaune) das Werk, das Elemente aus den verschiedensten Epochen von der Renaissance bis hin zum Jazz und der Volksmusik in sich vereint und mit einer Fanfare glanzvoll endet.
Barocke Anlehnungen hatte der erste Satz von Camille Saint-Saëns onate für Fagott (Frederik Gamberger) und Klavier, op. 168, hier Harfe (Ysaline Lentze). Schon die Instrumentierung Fagott und Harfe ergab ein reizvolles Klangbild. Das Werk mit seinen Anklängen an Bach, Gounod und zart impressionistischem Ausklang tat sein Übriges, um die Zuhörer ergriffen zurückzulassen.
Stark energetisierend dann die beiden nachfolgenden Soli. Zuerst ließ Ysaline Lentze ihre Harfe wundersam zum „Fire Dance“ von David Watkins (geb. 1938) auftanzen, ehe Maite Mellino am Kontrabass „Motivy für Kontrabass“ von Emil Tabakov (geb. 1947) zum Besten gab. Höchste Lagen, Flagiolett, mal coll’arco, mal im pizzicato: Spannung pur.
Nicht minder technisch und rhythmisch herausfordernd dann das Folgestück. Marius Jonsson am Vibrafon lud zusammen mit dem Streichquartett – David Moosmann und Mana Ohashi (beide Geige), Elisabeth Buchner (Viola) und Barna Károly (Violoncello) – zu einer fesselnden melodischen Reise ein.
Saverio Tascas (geb. 1963) „San Giusto“ für Vibrafon und Streichquartett besticht durch seine harmonisch reiche Sprache: Eine Rhapsodie, die südamerikanische Tanz-Rhythmen, Jazz und Romantik aufnimmt, und die dann wieder – ganz klassisch – zum ersten Thema zurückkehrt. Zum Ausklang spielten Teresa Wakolbinger, Dasol Yun, Mana Ohashi und David Moosmann ein Quartett für vier Violinen von Grazyna Bacewicz (1909 bis 1969).
Ein flotter Auftakt im allegro, dann ein kantables, zart-behutsam dargebotenes adagio, dem das beherzt, ja durchaus ein wenig energisch aufspielende Quartett ein kurzweiliges, rasantes allegro folgen ließ.
Chapeau allen jungen Musikern, die souverän und ausdrucksstark zeigten, was sie sich im viertägigem Akademie-Kurs erarbeitet hatten. Und Chapeau für das kurzweilige Programm, das abseits des Mainstreams lag und mit einer Komponistin begann und endete. Bitte ruhig mehr davon.
Elisabeth Kirchner