Orpheus trifft auf die Eiskönigin

von Redaktion

„Barock meets Pop“ in der Rosenheimer „Helden“-Ausstellung

Rosenheim – Dass es Helden und Heldinnen in der Geschichte gibt, beweist die laufende Ausstellung „Heldinnen & Helden“ im Lokschuppen. Dass Helden und Heldinnen auch die Musikgeschichte dominieren, bewies Michael Gartner in dem von ihm initiierten und veranstalteten knapp zweistündigen Konzert mit dem Titel „Barock meets Pop“ inmitten der Ausstellung. Sehr locker und familiär war’s, obwohl alles ausverkauft war – sehr viele passen nicht in den kleinen halbrunden Raum.

Begriff
weit gedehnt

Der Begriff „Held“ war weitgedehnt: So ziemlich jede Filmhauptrolle ist ein „Held“, so auch der Zirkusunternehmer P. T. Barnum, der ja eigentlich ja ein erfolgreicher Geschäftsmann war, in dem Film „The greatest Showman“. Florian Schrei musste als Moderator die Heldengeschichten erzählen, verbinden und als heldenhaft deklarieren und auch noch Kurzinterviews mit den Musikern führen, was er alles sehr munter und aufgekratzt tat.

Den Barockteil verantworteten die Sängerin Melanie Hirschl aus Wien und der Organist Peter Waldner aus Südtirol. Der spielte auf einer Truhenorgel, die von Michael Gartner gebaut war. Mit hörbar im Barockgesang geschulter, sowohl koloraturlockerer als auch kraftvoll aufstrahlender Stimme war Melanie Hirschl einmal die sich aus Liebe zu Aeneas selbstmordende Dido, Königin von Karthago („When I’m laid in earth“ aus „Dido an Äneas“ von Henry Purcell), und dann ein Priester, der in der Unterwelt die grausame Erinnye Alekto mit Musik beruhigen soll, bis deren Schlangen vom Haupt fallen – was in der Dauerwiederholung des Wortes „drop“ hörbar wurde.

Weiters agierte sie als „Herkules am Scheideweg“ (von Johann Sebastian Bach) und als Orpheus, der den Tod seiner Euridice betrauert (aus „Orfeo et Euridice“ von Christoph Willibald Gluck). Vollends keine Helden mehr sind „Die schlimmen Männer“ in einem Scherzlied von Johann Philipp Krieger, das Melanie Hirsch mit recht komödiantischer Lust darbot. Und sie sang sehr körperbetont, mit teilweise offenen Vokalen und so viel schauspielerischem Aplomb, dass die Nähe zur Pop-Musik offenbar wurde.

Diese Pop-Musik kam von Julia Schmarsel und Toby Heinz, beides erfahrene Musicalsänger. Als Eiskönigin aus dem gleichnamigen Musical sang sie emotionsstark „Lass jetzt los!“, dann „May it be“ aus dem Film „Herr der Ringe“ sowie „Shallow“ aus dem Musik-Film „A Star is born“, alles ebenso kraftvoll wie fließend-schön. Auch Toby Heinz steuerte einen Song aus dem Tolkien-Imperium der „Herr der Ringe“ bei mit „I see fire“ von Ed Sheeran. Von Bryan Adams stammt der Song „Everything I do I do it for you“ aus dem Film „Robin Hood“ mit Kevin Costner. Zusammen gestalteten beide das Duett „A Million Dreams“ aus eben dem oben erwähnten Film über P. T. Barnum, sich dabei gegenseitig ansingend und emotional verstärkend. Alle Pop-Songs begleitete Michael Gartner am Keyboard.

Gesang mit
Körper und Kopf

Was sich beim Vergleich ergab: Popgesang kommt mehr aus dem Körper heraus, barocker Gesang mehr aus dem Kopfklang. Die Melodien sind bei der Barockmusik wesentlich geformter, die Begleitung artifizieller, die Pop-Melodien mäandern mehr und haben eine wesentlich einförmigere Begleitung, leben dafür mehr von der Emotionskraft.

Was alle sich heimlich erhofft hatten, trat am Schluss ein: Alle vier vereinten sich in dem rhythmisch mitreißenden „Piña-Colada“-Song aus der „Galaxy“-Filmreihe, wobei Melanie Hirsch den Cajon schlug, und – nach dem brausenden Applaus im Stehen – vereinten sich alle zu der Zugabe „Time to say Goodbye“: Barock war Pop und Pop war Barock.

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