„Ich will es noch mal wissen“

von Redaktion

Isarindianer Willy Michl geht wieder auf Tour – Konzert am 27. Juni beim Hirzinger

Rosenheim – Wenn Willy Michl sich zum Redaktionsgespräch ansagt, ist das ein Ereignis. Die Haare bis auf den Rücken hinabhängend, in Leggins und Lendentuch steht er in der Redaktion, am Gürtel Bowie-Messer, Leatherman und ein bestickter Lederbeutel, in dem er unter anderem sein Smartphone aufbewahrt, in der einen Hand einen Holzstab mit Federn, in der anderen den Gitarrenkoffer.

Ein anderer Heiliger
Geist zur Firmung

Doch auch wenn er gekleidet wie ein indianischer Ureinwohner durch das Leben geht, ist er natürlich kein Indianer. „Ich bin ein Isar-Native, ein Isar-Indianer“, sagt er über sich selbst. Was manche als esoterische Spinnerei abtun, ist ihm bitterernst. Seit er als Jugendlicher den Roman „Die Kinder der großen Bärin“ gelesen hat, fühlt er sich mit den Lakota und Dakota innerlich verbunden: „Ich habe das Buch zur Firmung bekommen, aber zu mir ist nicht der Heilige Geist gekommen, sondern Wakan Tanka.“

So hat er sich die schamanistischen Glaubensvorstellungen der amerikanischen Ureinwohner zu eigen gemacht, auch wenn er manchmal ganz individuelle Lösungen entwickelt und schon mal ein Ave Maria betet – in abgewandelter Form, wie er sagt – um dem Schöpfer zu danken.

Zu danken hat Willy Michl oder „Sound of Thunder“, so der Name, den ihm ein Lakota-Medizinmann gegeben hat, für so einiges in letzter Zeit. Eine schwierige Phase liegt hinter ihm. Zunächst war da die Corona-Pandemie, die den Musiker, der ausschließlich von seinen Live-Konzerten lebt, finanziell schwer getroffen hat. Dann kamen gesundheitliche Probleme dazu: Er, der in seinem 75. Sommer steht, hatte mit massiven Herzrhythmusstörungen zu kämpfen. Eigentlich hatte er sich davor gefeit gefühlt: „Wer 140 Konzerte im Jahr spielen kann, dem kann am Herz nix fein.“ Ein Professor in Krankenhaus Rechts der Isar diagnostizierte ein elektro-kardiologisches Problem, das mit einer OP, bei der ihm die Pneumonalvene verödet wurde, gelöst wurde. Eigentlich eine Routine-Operation. „Als sie mich auf den OP-Tisch gelegt haben, war ich aber doch auf Alert. Man kann ja nie wissen, wie so etwas ausgeht. Da musste ich singen“, sagt er. Er meint sein Todeslied, mit dem er sein Kommen im Jenseits ankündigt, auf dass man ihn dort erwartet. „Die Melodie ist in dem Augenblick entstanden und einfach aus mir gekommen“, erzählt er. Es gebe Melodien, die man heilige, weil man sie nur einmal singt. So sei es in diesem Augenblick gewesen. Es ist ihm eben ernst mit seinem indigenen Glauben. Und so ist er überzeugt, dass es kein Zufall war, der ihn mit diesen Ärzten zusammengeführt hat. „Diese Operation hat mir das Leben gerettet. Es war eine Gnade, diese Ärzte zu treffen.“ Für ihn hatte da zweifellos der Große Wolf seine Pfoten im Spiel.

Der gesundheitliche Leidensweg von Willy Michl war damit aber noch nicht zu Ende: Er erlitt einen Nabeldurchbruch, weshalb er jetzt ein angetackertes Stütznetz in der Bauchdecke hat, er musste an der Galle operiert werden und zu guter Letzt bekam er auch noch Corona.

Doch nun sind die gesundheitlichen Probleme vorbei. Willy Michl fühlt sich fit wie seit Langem nicht mehr – und geht deswegen auf Tour. „7.0 – Der siebte Ring“, so soll die Tour heißen. Auch der Titel hat mit seinen indigenen Vorstellungen zu tun. „Jeder Mensch hat in seinem Leben neun Ringe. Der siebte Ring ist der letzte aktive Ring. In dem bin ich nun, ich will es noch mal wissen.“ Im achten Ring warte der Mensch nur noch, bevor es im neunten Ring, Michls Handkante wischt quer vor dem Körper nach oben, „dann ab in die Galaxie geht“.

Am Donnerstag, 27. Juni, spielt er beim Hirzinger in Söllhuben ein Konzert. Nur er und seine Gitarre auf der Bühne, wahrscheinlich unplugged. Was wird er dort spielen? „Moment“, sagt Willy Michl, klappt den Gitarrenkoffer auf und spielt ein paar Lieder. „Wuidpferdl“ heißt eine Nummer, in einem anderen singt er von den Skyridern (denen in der Galaxie eben) und zuletzt kommt das unvergessliche „Isarflimmern“. Eine feste Set-Liste gibt es nicht. „Ich spiele natürlich, was die Leute hören wollen, aber auch ein paar neue Sachen“, verspricht er. Denn Zeit, Songs zu schreiben, hatte er in den vergangenen drei Jahren genug.

„Ich bin ein
Volksmusiker“

Willy Michl ist jemand, der sich nicht fügen will – weder wenn es um gesellschaftliche Konventionen geht, noch bei seiner Musikkarriere. Er steht seit über 50 Jahren auf der Bühne, seine Fans lieben ihn – obwohl er genau das Gegenteil von dem macht, was in der Branche erwartet wird. „Mir hat mal jemand gesagt: Wer alles falsch macht, macht auch etwas richtig. Und genauso ist es bei mir.“ Er steht bei keinem Label unter Vertrag, hat kein Management, veröffentlicht keine Platten, ist nicht bei Spotify oder einem anderen Musikdienst.

Er macht stattdessen alles selbst – unterstützt von seiner Frau Cora. „Ich hab mich nie an die Musikindustrie verkauft“, sagt er. Das hätte sich wohl nicht mit seinem Widerspruchsgeist vertragen. Er hat seinen Erfolg ausschließlich seinem Publikum zu verdanken. „In diesem Sinne bin ich ein Volksmusiker. Mich haben die Leute zu dem gemacht, was ich bin.“ Noch ein Grund für ihn, dankbar zu sein. Darauf ein Ave Maria – in welcher Form auch immer.

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