Hafendorf – Antje Tesche-Mentzen – mehr braucht es als Titel nicht.
Denn ähnlich dem Werbespruch könnte man auch salopp sagen: Wo Antje Tesche-Mentzen drauf steht, da ist auch viel Antje Tesche-Mentzen drin.
Kunsthistorikerin Dr. Silke Colditz-Heusel machte es sich zur Aufgabe, das umfangreiche und vielfältige Oeuvre der gebürtigen Kielerin zu inventarisieren und die ausgebildete Sängerin, Pianistin, Balletttänzerin, Bildhauerin und Malerin zu porträtieren. Antje Tesche-Mentzen, deren Werke schon auf Ausstellungen deutschlandweit und in Brüssel, Paris, Venedig, Florenz, New York und Peking zu bewundern waren, ist nun nach vielen Jahren des Herumreisens in Hafendorf angekommen. Dort wohnt und arbeitet sie. In einem jahrhundertealten bäuerlichen Anwesen, von ihrem Mann Thorsten, einem Architekten, stimmig und durchdacht umgestaltet und umgebaut. Ein Ort, an dem Kunst gelebt wird.
Im Erdgeschoss das kunterbunte Atelier und im ersten Stock der Ausstellungsraum. Ein Konzertflügel, eingerahmt von Kunstwerken aus Holz, Bronze und Ölgemälden, auf dem schon Herbert Schuch, Ana Gourari, Kit Armstrong, Mischa Meisky, Grigory Sokolov, Arabella Steinbacher und Zsófia Boros oder Yaara Tal und Andreas Groethuysen Konzerte gegeben haben. Mehr Musenkuss geht kaum. Der dicht bepflanzte Bauerngarten, nach Süden ausgerichtet, dient ebenfalls als Ausstellungsraum: Einige ihrer Bronzestatuen, die man noch von der Ausstellung in Schloss Hartmannsberg vor vier Jahren in Erinnerung hat, residieren nun übermanns- oder besser gesagt überfraugroß wohlfein platziert im Hafendorfener Bauerngarten. Der gehörnte Baal steht neben Lilith mit den hängenden Flügeln. Die Skulptur „das große Lächeln“ – einer venezianischen Maske nicht unähnlich – ruht mitten im Grün. Golden glänzen die Figuren und laden zum Sich-Versenken ein.
Die „Hexen“ hingegen, kleine dickliche Damen in Bronze auf Steinsäulen, entlocken ein Schmunzeln. Dazwischen zieren glasierte tönerne Pflanzenkugeln das üppige Grün, Glasobjekte glänzen im Sonnenlicht, eine faszinierende Farbenpracht tut sich da auf. Und genauso verhält es sich mit dem Schaffen von Antje Tesche-Mentzen: Man kann es nicht mit einem Wort beschreiben. Ihre Motive kreisen um die Themen Musik, Natur, Frau und Mythos, die Künstlerin lässt sich von einem Gedicht, einer Sage, einem Götterepos oder einem musikalischen Werk inspirieren. Ihre Stilmittel sind nicht minder vielfältig: Sie malt mit Tusche, Acryl, Bleistift und Öl, sie arbeitet mit Glas, Keramik und Bronze. Entsprechend groß ist die Wirkung und Aussagekraft.
Wer sich aufmacht, Antje Tesche-Mentzen an Tagen des Offenen Ateliers zu besuchen, trifft auf eine vielseitige Gastgeberin. Die es einerseits vermag, über ihre Kunstwerke und das, was sich dahinter verbirgt, zu erzählen und gleichzeitig unterhaltsam über Gott und die Welt zu philosophieren, und die andererseits – stets mit einem Lächeln – bestens ihre Gäste zu bewirten versteht. Ein Leben für und mit der Kunst. Die Künstlerin und ihr Werk – 50 Jahre, in denen Antje Tesche-Mentzen 792 Arbeiten geschaffen hat, davon 83 Bronzen, 190 Keramiken, 164 Gemälde, 114 Aquarelle, 222 Zeichnungen, sechs Mosaike, sieben Porzellan- und sechs Glaswerke – in Form zu gießen, sei eine wirkliche Herausforderung gewesen, erklärte Silke Colditz-Heusel bei der Buchvorstellung. Und ob wirklich alles erfasst sei, wage sie zu bezweifeln. Allein die Gästebücher und Skizzenbücher, in denen die Künstlerin Momente, Menschen und Sehenswürdigkeiten auf ihren vielen Reisen eingefangen hat, sind wahre Schatzkästchen. Dennoch scheint es, als ob Antje Tesche-Mentzen nun angekommen ist.
Hafendorf sei „ein irdisches Paradies,“ heißt es weiter im Buch. Ein Ort, der berührt, der einlädt, die Augen zu schließen und sinnlich zu ertasten, den Formen nachzuspüren und den Gedanken Wege zu öffnen, sie zum Fließen zu bringen und dem „Sinn des Lebens“ nachzugehen. Ein Paradies, das Pianist Fabian Zewen und Geigerin Franziska Strohmayr mit Musikstücken von Skrabjin, Chopin und von dem von Antje Tesche-Mentzen hochverehrten Komponisten Wilfried Hiller (geb. 1941) am Tag der Vernissage wohlfein zum Klingen brachten. Für Antje Tesche-Mentzen ist Kunst nicht nur ein Spiel von Form und Farbe, sondern auch eine Mischung aus Geist und Handwerk. Nachzuspüren bei Antje Tesche-Mentzen persönlich und eben nun auch in Buchform. Elisabeth Kirchner