Die paradiesische Natur an verborgenen Stellen

von Redaktion

Querschnitt des malerischen Werks von Rudolf Groeschel in der Torhalle und der Inselgalerie auf Frauenchiemsee

Chiemsee – Einer der großen Chiemseemaler, die oft direkt vor der Haustür die Natur in all ihren Facetten einfingen, war Rudolf Groeschel. 1891 in Meiningen geboren, Stationen in München, Italien, am Chiemsee und Seehamer See, starb 1985 in Fentbach bei Weyarn. Aus Groeschels umfangreichem Nachlass zeigt die Galerie Gailer in der Torhalle einen repräsentativen Querschnitt seiner Werke aus allen Schaffensphasen.

Rudolf Groeschel entstammte einer kunstverständigen Familie – der Vater war Hofbaumeister des Herzogs Georg von Sachsen-Meiningen, die Mutter Konzertsängerin. Groeschel begann seine künstlerische Ausbildung an der Städtischen Malschule in der Westenriederstraße in München bei Heinrich Knirr und kam 1913 an die Münchner Kunstakademie zu Carl Johann Becker-Gundahl. Im Sommersemester 1914 erhielt er eine Belobigung für seine Zeichnungen, aber der Ausbruch des Ersten Weltkriegs und seine Einberufung machten erstmal allen weiteren Plänen ein Ende.

Im ersten Kriegsjahr war Franz Marc sein Stubengefreiter. 1917 geriet Groeschel schwer verwundet in russische Gefangenschaft. Es drohte die Amputation seines Armes. Als der Arzt erfuhr, dass der Patient Kunstmaler war, sorgte er für die Überweisung in ein französisches Privatlazarett, wo Groeschels Arm wieder hergestellt werden konnte. 1918 floh er aus einem Gefangenenlager an der Wolga und schlug sich höchst abenteuerlich bis München durch. Dort setzte er sein Studium bei Carl von Marr an der Münchner Akademie fort. Er trat der Münchner Künstlergenossenschaft bei und stellte im Kunstverein aus.

Schon vor dem Krieg hatte ihn sein Onkel, der Maler Carl Steinheil, zu sich nach Gollenshausen am Chiemsee eingeladen. Aus dessem Nachlass erwarb Groeschel ein Seegrundstück zwischen Mitterndorf und Gollenshausen, das er aus Geldmangel allerdings nicht bebauen konnte. So schuf er sich im Giebel des Lindlbauern in Lienzing bei Gollenshausen ein Atelier mit Küche und Schlafzimmer, wo er von Frühjahr bis Herbst lebte.

Das Lienzinger Moos, gleich hinter dem Haus, die Fraueninsel und die Ufer zwischen Gstadt und Seebruck wurden seine bevorzugten Malplätze. 1920 gründete Groeschel zusammen mit Hiasl Maier-Erdeng, Thomas Baumgartner und Constantin Gerhardinger die Künstlergemeinschaft „Die Frauenwörther“. Die jährlichen Ausstellungen mit vielen Bildern fanden zwischen 1921 und 1960 in der Torhalle statt. 1932 wechselte er in die Münchner Sezession. Im „Dritten Reich“ durfte er nur bei den Ausstellungen im Maximilianeum von 1938 bis 1943 teilnehmen, außerdem beim Künstlerbund „Isar“ und der „Ständigen Kunstausstellung“ der Kunstgenossenschaft.

1937 zog sich Groeschel vom Chiemsee zurück, da es Unstimmigkeiten mit Künstlern der „Frauenwörther“ gab. Ein neues Zuhause fand er in Fentbach bei Weyarn in einem ehemaligen Zehentstadel, den er für seine Zwecke ausbaute. Nach der Zerstörung seines Münchner Ateliers 1944 übersiedelte er mit seiner Frau Dagmar ganz nach Fentbach. 1946 trat er der neu begründeten Münchner Sezession bei und beteiligte sich bis 1986 jedes Jahr an den großen Kunstausstellungen im Haus der Kunst in München.

Die Ausstellung in der Torhalle enthält überwiegend Ölbilder und Aquarelle mit stimmungsvollen Landschaftsbildern, aber auch Zeichnungen und einige Stillleben und Selbstporträts. Sie stammen überwiegend aus drei großen Privatsammlungen. Groeschels lebenslange Farbe war Grün – sein Markenzeichen – , deren ganzes Spektrum er ausschöpft und die seine Bilder unverwechselbar werden ließ. Aber selbst in seinen grünsten Bildern verwendet er zusätzlich eine breite Skala von Braun, Ocker, Blau und Gelbnuancen.

Als Freiluftmaler zeichnete er nicht mit Bleistift vor, sondern malte mit kräftigen Pinselstrichen gerne bei bedecktem Himmel, wenn das Grün in der Natur die meisten Varianten bot. „Kunst ist Sache des Fühlens, des Empfindens“ war seine Maxime.

1992 kaufe der Landkreis Rosenheim den künstlerischen Nachlass des Malers – 84 Gemälde und Studien. Bilder von ihm befinden sich in den Städtischen Galerien München und Rosenheim sowie im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen. Christiane Giesen

Bis 13. Oktober

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